Wir haben das Sequel zum Actionthriller OLYMPUS HAS FALLEN (2013) nicht gerade sehnsüchtig erwartet, aber nun ist es da, und wer nichts besseres vorhat, kann sich angucken, wie B-Stars (Gerard Butler, Aaron Eckhart) durch eine C-Film-Plotte hechten, die STIRB LANGSAM auf die Londoner City ausbreitet und mit internationalem Terrorismus verquickt. Glücklicherweise kann man auch sehr gut auf den Film verzichten, da er eben nicht nur politisch naiv und gefährlich ist, sondern auch unglaubwürdig, dramaturgisch bescheuert und handwerklicher Mist…
So geht’s los: Der britische Premierminister ist überraschend verstorben – friedlich im Schlaf. Zum Staatsbegräbnis treffen Regierungshäupter aus 40 Ländern ein – es ist das am schärfsten gesicherte Politikertreffen aller Zeiten. New Scotland Yard, Geheimdienste, Polizei, Sonderkommandos, die Garde der Queen – alle sind in höchster Alarmbereitschaft – und leider alle auch von Terroristen unterwandert! Von überall her wird das Feuer auf die internationalen Gäste eröffnet, Autos, Schiffe und die Wahrzeichen der Stadt explodieren, Strom und Funk fallen aus. Ja, es war eine Falle, und böse Männer aus dem Jemen wünschen per Live-Stream „Gute Nacht, London!“
US-Präsident Benjamin Asher und sein Leibwächter Mike Banning können vorerst entkommen, aber die Jagd auf sie geht weiter. Denn Waffenhändler Aamir Barkawi, sechstgefährlichster Mann der Welt, will Asher heute um 20 Uhr sterben lassen, und die gesamte Menschheit soll dabei zusehen! Während Asher und Banning durch die fast menschenleere Stadt fliehen, berät US-Vizepräsident Allan Trumbull den Notfallplan: Er schickt ein Delta-Team in die City und sucht nach der undichten Stelle in Barkawis Tarnfirmen. Außerdem ist klar: Irgendwo in den Londoner Behörden muss es einen Verräter geben…
Wie passend: ein beschissener Film in einer beschissenen Zeit. Während sich von Syrien bis an die Grenzen Europas eine humanitäre Katastrophe abspielt und die EU immer weiter ihre Ideale verrät statt das Elend der arabischen Flüchtlinge deutlich zu lindern, kommt dieser Film daher und sagt uns, dass es ganz okay ist, sich die dunklen Menschen mit den schwarzen Haaren vom Hals zu schaffen, wollen sie doch nur unseren massenhaften Tod. Gegenwehr tut not! So massakriert sich Gerard Butler denn in einer Weise durch den Film, dass sich selbst Liam Neeson in seinen drei TAKEN-Filmen wundern würde. Und auch der Präsident legt selbst Hand an (wer sich erinnert: schon nach Wolfgang Petersens AIR FORCE ONE brachen alle Dämme).
Natürlich bombardiert man eigentlich keine Hochzeitsgesellschaften (wie im Intro, zwei Jahre zuvor), aber in der Sache war die Aktion richtig. Dabei ist die patriotisch-selbstgerechte Art der Amerikaner – der Irakkrieg-Architekten – auch deshalb so zum Kotzen, weil die Keule ganz unreflektiert, ohne Eintrübungen durch Gewissen oder politische Erfahrung geschwungen wird (ja, die Analytiker der NSA leisten echt gute Arbeit, und Bomber-Drohnen sind zielführend, das ist schon schön), weil sich die politischen Hintergründe auf Rudimentäres beschränken, und weil jede interessante Frage zu der riesigen Verschwörung nicht weiter diskutiert wird (Wie kriegt man hunderte Islamisten bzw. Terroristen unter einen Hut, ohne dass es irgendwo einen einzigen Hinweis gegeben hätte? Ist ein „natürlicher Tod“ im Schlaf wirklich so gar nicht verdächtig?).
Natürlich ist das alles erklärbar, eben weil der Plot auf dem strunzdummen Niveau eines C-Films ausgetragen wird: Nur die Action zählt, alles andere ist wurscht. Sonst hätte man sich ein klein wenig Mühe gegeben. Stattdessen muss der genreversierte Zuschauer nun Dinge ertragen, die schon seit Jahren auf dem Index stehen: Die „coolen“ Sprüche sind heute nur noch peinlich, die Identität des Verräters ergibt sich schon durch den automatischen Schallerfressen-Alarm (seine Enttarnung wird schließlich ERZÄHLT, wie armselig ist das denn?!), und auch die übrigen Ideen sind derart abgestanden (man selbst springt durch Feuerwände, während andere darin verglühen), dass man sich fragt, ob das Drehbuch nicht von Zwölfjährigen stammt.
Auf jeden Fall scheinen 16-Jährige (mehrheitlich Rumänen) die digitalen Effekte gestaltet zu haben (tatsächlich ist die einzig gelungene Tricksequenz das Zerbersten der Themsebrücke, und auch beim großen Vergeltungsschlag am Ende zeigt man, was man kann, und schwelgt in jenen mörderischen Details, die man vorher in London nicht ganz so deutlich zeigte). Auch das kontemplative Finale ist von vornherein klar: All das Abknallen, In-die-Luft-Jagen, Durchbohren und Zerquetschen ist vergessen und die Welt wieder schön, wenn unser Held sein neugeborenes Baby in den Armen wiegt…
Immerhin kann man dem Film eine gewisse Konsequenz nicht absprechen: Für seine altertümliche Hau-drauf-Geschichte wählt er die ollsten Klischees. Ich kann mich nicht erinnern, einen dämlicheren, verlogeneren, ekligeren Film gesehen zu haben – nicht seit Van Damme und Seagall out sind.
Erschienen im TV Spielfilm Blog.
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London Has Fallen, USA/GB 2016 Regie: Babak Najafi | Drehbuch: Creighton Rothenberger, Katrin Benedikt, Christian Gudegast, Chad St. John | Kamera: Ed Wild (CS) | Musik: Trevor Morris | Mit: Gerard Butler, Aaron Eckhart, Morgan Freeman, Angela Bassett, Alon Moni Aboutboul, Waleed Zuaiter, Mehdi Dehbi, Charlotte Riley, Colin Salmon | Laufzeit: 99 Min., Verleih: UFA