Wer meint, Toho hätte mit FRANKENSTEINS HÖLLENBRUT (1972) die einst so ernsthaft motivierten Monsterfilme alter Honda-Schule bereits ausreichend demontiert, sieht sich in Anbetracht des direkten Nachfolgers KING KONG – DÄMONEN AUS DEM ALL eines Besseren belehrt. Wem danach ist, das schlummernde, innere Kind nochmal aus dem Schlaf zu rütteln und mit viel Tam-Tam zum filmischen Topfschlagen einzuladen, der liegt hier goldrichtig. Kindergeburtstag mit Weltalldämonen – und der liebenswertesten Megaechse, die die Leinwand je gesehen hat.
Durch unterirdische Atombombentest aufgeschreckt, erfährt die Welt vom versunkenen Staat Seetopia, der sich unter Führung seines Herrschers (Robert Dunham) des als Gottheit verehrten Monsters Megalon bedient, um den Menschen das Fürchten zu lehren. Die Welt schiene dem Untergang geweiht, wären da nicht der Wissenschaftler und Erfinder Goro (Katsuhiko Sasaki) nebst seinem kleinen, putzigen Bruder Rokuro (Hiroyuki Kawase) und ihr Freund Hiroshi (Yutaka Hiyashi), die den Roboter King Kong zur Verteidigung antreten lassen. Doch als sich mit Gigan ein weiteres Monster ins Geschehen drängt, braucht es die Hilfe eines legendären Kolosses, der es sich nicht nehmen lässt, seinen Freunden zu Hilfe zu eilen: Godzilla, voller Tatendrang und quicklebendig, stellt sich zusammen mit King Kong dem alles entscheidenden Endkampf!
Retrospektiv können einem die Jungs bei der Toho ja leidtun; zur Entstehungszeit dieses Filmes kam es ganz dick für das einst so mächtige Studio: die alten Erfolgsrezepte der Monsterfilme von Ishirō Honda griffen nicht mehr, das Fernsehen ließ einen Großteil des einstigen Kinopublikums in den heimischen Wohnzimmern verweilen, die Ölkrise zu Beginn der 1970er Jahre tat ihr Übriges dazu. Doch Produzent Tomoyuki Tanaka blieb ein Mann mit Prinzipien; denn nachdem die Zuschauer einen – für ihn selbst unfreiwilligen – ‘Querschläger’ wie FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER (1971) nicht honorierten, sollte ihm so etwas nicht noch einmal passieren. Stattdessen strippte er die ehedem so ernste Grundthematik hier nun endgültig auf absolut kindgerechte Unterhaltung um – ohne jedoch die Finanzen aus dem Blick zu verlieren.
Mit anderen Worten: für KING KONG – DÄMONEN AUS DEM ALL wurde gespart, was das Zeug hielt. Soviel Stock-Footage wie nur irgend möglich wurde wiederverwendet, die Kulissen, Handlungsorte und Darsteller auf die Mindestanforderungen reduziert, die im Fernsehen so erfolgreichen Superhelden- und Cyborgfiguren in die Shōwa-Staffel reimportiert. Wieder fiel dem leidensfähigen Jun Fukuda die undankbare Aufgabe zu, all das in Form zu bringen; doch zeigt sich selbst auf inszenatorischer Sparflamme – ob nun in den menschenleeren Außenszenen, den Catchergetümmeln nachempfundenen Kämpfen oder den frappanten Kostümen der Seetopie-Bewohner – dass Fukuda Ehre gebührt, für seinen Einsatz und seine Fähigkeit, aus den knappen Mitteln ein Optimum an Unterhaltung generiert zu haben.
Lediglich in zwei Segmenten gab es wieder Investitionen, so in Gestalt eines neuen, auf Kinder abgestellten Godzilla-Kostüms. ‘Endlich’ verfügte das vormals so angsteinflößende Monster über treuherzige Kulleraugen und watschelte insgesamt derart tapsig durch die Inszenierung, dass es gar nicht mal so unangenehm ist, dass Godzillas Screentime nicht unbedingt üppig ausfällt.
Ebenso wurde für KING KONG – DÄMONEN AUS DEM ALL ein neuer Soundtrack in Auftrag gegeben, wobei Riichiro Manabes Musik von den Fans allgemein als unpassend empfunden wird. Dass mag verständlich sein, wenn man die symphonisch-theatralischen Klänge des genialen Akira Ifukube noch im Ohr hat. Doch losgelöst vom unfairen Vergleich wirkt Manabes Score – das Sujet und die Entstehungszeit berücksichtigend – wie ein konterkarierendes und ironisierendes Element, sehr verankert im damaligen Hier und Jetzt. Scourcemusiken atmen den Zauber der Melodien eines Piero Piccioni, die Spannungscues gestalten sich mit adretten Beat- und Rocknummern abwechslungsreich. Die Musik, stets eine filigrane Mischung aus Jazz und spätromantischer Tonkunst, gibt den Bildern ihre Größe zurück, das kleine Budget hemmt den Komponisten nicht, ein buntes Füllhorn an Themen in die Reisschale zu werfen. Wenn das Schlagzeug den Beat festlegt, sich die fanfarenhaften und oft auch deftig nach Mickey-Mousing klingenden Bläser erheben und elegante Streicher mit Verzierungen ausschmücken, dann passt am Ende des Tages doch wieder alles zusammen.
Anolis legt mit dieser Veröffentlichung den mittlerweile unglaublichen dreizehnten Teil seiner beispielhaften Kaiju-Collection vor. Das wertig-massive Metalpack fasst wiederum zwei DVDs, wobei die erste Scheibe neben der ungekürzten, mit hervorragender Bildqualität gesegneten japanischen Kinofassung (sowohl mit Originalton als auch der deutschen Synchronisation) einen wie immer höchst informativen und launisch vorgetragenen Au¬diokommentar des unterhaltsamen Kaiju-Gespanns Jörg Buttgereit und Bodo Traber enthält. Der japanische und amerikanische Trailer, der spanische Werberatschlag sowie eine umfangreiche Bildergalerie mit japanischen und internationalen Motiven runden diese DVD ab. Auf der zweiten Scheibe finden sich die separat abgetastete, im Gegensatz zu manch anderem Kaiju nicht gekürzte deutsche Kinofassung mit zeittypisch pointierter Synchro (die mittlerweile nicht mehr aus der Berliner Brunnemann-Schmiede stammte, sondern von der in München beheimateten ARRI mit signifikanten Sprechern wie Fred Maire, Ivar Combrink und “Scotty” Kurt E. Ludwig realisiert wurde), ein Audiokommentar von Florian Bahr, die deutsche Super 8-Fassung, der deutsche Kinotrailer, das deutsche Filmprogramm sowie eine Bildergalerie mit deutschen Aushangfotos und Plakaten. Ein kenntnisreiches und bunt bebildertes, zwanzigseitiges Booklet von Ingo Strecker beschließt das opulente Paket, das kaum Wünsche offen lassen und von den Fans sicher honoriert werden dürfte!
Ganz rational betrachtet wird man KING KONG – DÄMONEN AUS DEM ALL nicht gerecht; wer diesen Film nicht durch den weichzeichnenden Schleier der ewig bleibenden Kindlichkeit ansieht, geht gnadenlos baden. Wer jedoch schon so weit ist, der wird sich zurückversetzt fühlen in alte Kinosäle oder die Sonntagnachmittagsprogramme im Privatfernsehen. In die Zeit, als prügelnde und hemdsärmelige Supermonster sich gegenseitig vertrimmten, in denen die poppigen 1970er sich mit Effekt ins kollektive Gedächtnis flankten. Wo Kinder noch staunen konnten und Männer wieder zu Kindern wurden. KING KONG – DÄMONEN AUS DEM ALL ist trotz oder gerade wegen all seiner objektiven Mängel ein Zeitdokument von subjektiv unschätzbarem Wert – und in dieser Veröffentlichung ein Weiheschlag für jede Sammlung!
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Gojira tai Megaro, Japan 1973, R: Jun Fukuda, D: Katsuhiko Sasaki, Hiroyuki Kawase, Yutaka Hayashi, Robert Dunham, Kotaro Tomita, Wolf Otsuki
Anbieter: Anolis Entertainment