Robert McCall ist zurück. Er sitzt nicht mehr täglich in einer Bar herum, sondern fährt als Lyft-Fahrer zahlende Kunden von A nach B. Das verschafft ihm Ablenkung, interessante Momente mit unterschiedlichsten Charakteren und gelegentlich sorgt er weiterhin an den richtigen Stellen für Gerechtigkeit, z.B. indem er ein ins Ausland entführtes Kinder zurück in die Arme seiner Mutter bringt oder indem er einigen reichen Yuppies schmerzhaft beibringt, wie man sich Frauen gegenüber ordentlich benimmt. Parallel zu McCalls Einsätzen als Equalizer kümmert er sich um den Nachbarsjungen Miles (Ashton Sanders – MOONLIGHT), damit der nicht auf die schiefe Bahn gerät. Unterdessen ist McCalls CIA-Freundin Susan Plummer (Melissa Leo – PRISONERS) in Brüssel auf der Jagd nach dem Killer eines hochrangigen Informanten, in die schließlich auch McCall hineingezogen wird.
Die mittlerweile vierte Zusammenarbeit von Regisseur Antoine Fuqua (TRAINING DAY) und Star Denzel Washington ist ein solider, an vielen Stellen aber auch unbefriedigender Thriller, der ohne Washingtons Darstellung kaum bemerkenswert wäre. Der erste Teil gefiel mit melancholischer Grundstimmung, durchsetzt mit erstklassig umgesetzten, überaus brutalen Actionsequenzen, in denen Washington alles zur Waffe werden ließ, was ihm in die Hände fiel. Die tolle Besetzung, ein wirklich guter Gegenspieler und der Moralkodex, dem Washingtons McCall seinerzeit folgte, machten den Unterschied zu einer Vielzahl von Rächerfilmen aus. Dieser Moralkodex wird hier leider über Bord geworfen und tatsächlich geht es diesmal um persönliche Rache. Das Problem dabei ist, dass Robert McCall sich damit auf eine Ebene mit seinen Gegenspielern begibt und seiner Figur so den rechtschaffenen Hintergrund nimmt – bei allem Verständnis für den Grund seiner Rache.
Im Gegensatz zu Marton Csokas großartigem Bad Guy aus Teil 1 sind McCalls Gegenspieler hier erheblich blasser geraten, so wie die ganze Story des Films und die Motivationen der einzelnen Akteure eher im Trüben bleiben. Leider kommt auch nur punktuell Spannung auf, da der Film entschieden zu lang geraten ist – ein grundsätzliches Antoine-Fuqua-Problem – und die Zusammenhänge relativ schnell durchschaubar sind.
Die Actionszenen sind von unterschiedlicher Qualität. Die Schlägereien auf engem Raum sind von DP Oliver Wood (THE BOURNE IDENTITY) gut eingefangen und von Conrad Buff IV (TERMINATOR 2) sehr effektiv geschnitten. In manchen Szenen ist allerdings überdeutlich erkennbar, dass Leo und Washington ausgiebig gedoubelt wurden. Hier zeigt sich, wie schon bei Liam Neeson und Harrison Ford, dass Denzel Washington sich vielleicht in seinem Alter weniger körperbetonten Rollen zuwenden sollte. Die eh nur mittelprächtige Story baut zum Ende hin weiter ab, das unprofessionelle Verhalten der angeblichen Profis nervt und das Finale im Sturm ist beinahe lachhaft überzogen.
Denzel Washington hat über die Jahre nichts von seiner magnetischen Leinwandpräsenz eingebüßt und entschädigt damit für manche Schwäche des Films. Die stärkste und emotionalste Szene des Films ist eine Konfrontation zwischen McCall und dem jungen Miles, in der beide Darsteller ein packendes Lehrstück in Schauspielkunst abliefern. Die stets verlässliche Melissa Leo und der gute Bill Pullman (LOST HIGHWAY) haben kurze, aber prägnante Auftritte. Pedro Pascal (THE GREAT WALL) überzeugt auch bartlos und mit kurzen Haaren und Ashton Sanders beweist, dass seine gefeierte Darstellung in MOONLIGHT keine Eintagsfliege war. Sämtliche Szenen zwischen ihm und Washington sind das beste an diesem Film.
Insgesamt ist EQUALIZER 2 also zwar eine durchaus unterhaltsame Fortsetzung, allerdings mit deutlichen Schwächen gegenüber seinem Vorgänger.
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The Equalizer 2, USA 2018 | Regie: Antoine Fuqua | Drehbuch: Richard Wenk basierend auf der TV-Serie von Michael Sloan und Richard Lindheim | Musik: Harry Gregson-Williams | Kamera: Oliver Wood | Schnitt: Conrad Buff IV | Production Design: Naomi Shohan | Darsteller: Denzel Washington, Pedro Pascal, Ashton Sanders, Bill Pullman, Orson Bean, Melissa Leo, Sakina Jaffrey, Jonathan Scarfe, Kazy Tauginas | Laufzeit: 121Min.