BOXER A SMRT (DER BOXER UND DER TOD), ein slowakischer Film aus dem Jahr 1963, ist eine echte Entdeckung. Ich erinnere noch sehr gut den Slogan, der auf dem Atlas-Plakat zum bundesdeutschen Filmstart der SIEBEN SAMURAI erschien: DAS ist Film. Der Slogan könnte genauso gut gelten für den BOXER UND DEN TOD. Dabei geht es mir weniger um die Geschichte eines Boxkampfs zwischen einem KZ-Kommandanten und einem Häftling, der mit einem Knockout der SS endet, nach einer Kurzgeschichte des in Warschau geborenen polnisch-jüdischen Schriftstellers Józef Hen.
Die Story ist toll, nimmt sich Tadeusz „Teddy“ Pietrzykowski, polnischen Vizemeister im Bantamgewicht, zum Vorbild, der in Auschwitz und Neuengamme geboxt und im April 1945 in Bergen-Belsen von der britischen Armee befreit wurde. Trotzdem, das meine ich nicht. Ich meine das großartige Zusammenspiel von Regie, Schwarzweißkamera und Hauptdarstellern.
Peter Solan ist der Regisseur und Co-Autor. Solan, der 2013 starb, war Absolvent der Filmakademie Prag, und ich muss gestehen, dass ich vorher noch nie von ihm gehört habe. Er hat Kurzfilme gedreht, Dokumentarfilme, ein paar Fernsehfilme. 1985 erschien sein letzter Film: Schattenseite des Ruhmes. 1994 erhielt er einen Preis für sein Lebenswerk, aber warum er nichts mehr machte oder nichts mehr von ihm erschien, weiß ich nicht. (Im Bonusprogramm gibt es noch einen achtminütigen Dokumentarfilm von ihm: DEUTSCHDORF). Der Kameramann ist eine Wucht: Tibor Biath. Biath starb ein Jahr vor Solan: Dokumentar-, Spiel- und Fernsehfilme, nichts, was mir bekannt gewesen wäre.
Ich merke, wie wenig wir über den Film in Europa wissen. Und wahrscheinlich würde niemand die von Bildstörung herausgegebene, superb ausgestattete Edition kaufen, wenn nicht die DEFA für die Rolle des boxbegeisterten KZ-Kommandanten, der hier Walter Kraft heißt, Manfred Krug „ausgeliehen“ hätte. Gut, Krug hat mir, als er in den Westen kam, die Telekom verleidet oder besser: die Telekom mir Krug, aber im Gegensatz zu den Schwächlingen oder Schein-Kraftmeiern, die heute durch das deutsche Fernsehen und den deutschen Film geistern, war Krug physisch immer präsent. Der brauchte nicht eine Abfolge von Schnitten in Sekundenbruchteilen, um einen echten Boxkampf zu suggerieren, der stand wirklich im Ring. Man sieht ihm den Schweiß an.
Ihm ebenbürtig ist Štefan Kvietik (heute 84, damals 28), der den boxenden Häftling Jan Kominek spielt.
Unter den Boxerfilmen steht dieser für mich gleich neben RAGING BULL, zwischen denen, nimmt man das Budget zur Grundlage, Welten liegen, aber das machen die Slowaken mit Professionalität wett. Mit dem Drehbuch haben sie schon 1959 begonnen, aber erst nach acht Fassungen konnte mit den Dreharbeiten in einem ehemaligen jüdischen Arbeitslager nahe der Stadt Nováky begonnen. Mehr habe ich nicht zu sagen. Wer mehr wissen will, soll die Kommentare der beiden filmerfahrenen Martin Kanuch und Olaf Möller hören, die im Kaufpreis inbegriffen sind. Große Kaufempfehlung also: keine Zeitverschwendung.
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Boxer a smrt | Tschechoslowakei 1963 | Regie: Peter Solan | Darsteller: Stefan Kvietik, Manfred Krug, Valentina Thielová, Józef Kondrat, Edwin Marian, Gerhard Rachold u. a.
Anbieter: Bildstörung