Von THE ABCs OF DEATH über CREEPSHOW bis zu V/H/S und XX gibt es inzwischen Horror-Anthologien wie Sand am Meer. So vielfältig wie die erzählten Geschichten, ist allerdings auch deren Qualität. Diese mexikanische Variante ist da leider eher am unteren Ende des Spektrums angesiedelt.
1. Tzompantli (Regie: Laurette Flores Born)
Ein Journalist trifft sich mit einem Gang-Informanten, der ihm Aufklärung über das Verschwinden einer ganzen Gruppe Menschen verschaffen soll. Die Geschichte zieht Verbindungen zwischen den heutigen Drogenkartellen und alten mexikanischen Ritualen, thematisiert auch das gefährliche Leben von Journalisten im heutigen Mexiko…und endet gefühlt mittendrin. Das ist schon mal kein sonderlich vielversprechender Einstieg. Ich empfehle; stattdessen lieber nochmal SICARIO zu schauen. Weniger Legende, dafür mehr handfester Kartell-Horror.
2. Jaral de Berrios (Regie: Edgar Nito)
Zwei Cowboys, von denen einer schwer verletzt ist, reiten durch die Steppe und verstecken sich in einer verlassenen Hacienda. Diese soll angeblich verflucht sein, aber die Schussverletzung des einen hält sie davon ab, sich einen anderen Zufluchtsort zu suchen. Und natürlich passiert Übersinnliches…
Eine mäßig interessante Geschichte mit guter Kameraführung und erotischem Einschlag. Ich empfehle, stattdessen lieber BONE TOMAHAWK zu schauen und wirklich schockiert zu werden.
3. Drena (Regie: Aaron Soto)
Eine junge Frau stolpert zufällig über eine Leiche, die noch einen Joint in den Fingern hält. Sie nimmt den Joint mit, geht nach Hause und raucht ihn. Daraufhin erscheint ihr ein bizarres Stop-Motion-Monster und beauftragt sie damit, ihrer Schwester innerhalb der nächsten zwölf Stunden das Blut aus der Vagina abzuzapfen, anderenfalls würde ihr die Seele aus dem Anus gesaugt werden… Ähm, ja… WTF. Bizarr-blöde Story in ultrabilliger Optik. Hier besser auf David Lynchs ERASERHEAD ausweichen, der zumindest Kultpotential hat.
4. La cosa más preciada (Regie: Isaac Ezban)
Ein junges Pärchen mietet sich zwecks erstem romantischen Beischlaf in einer abgelegenen Waldhütte ein. Nachdem die beiden erst von einem alten Zausel davor gewarnt werden, irgendwelche Dinge draußen vor der Tür liegen zu lassen, – Crazy Ralph lässt grüßen – werden sie kurz vor dem großen Deflorationsereignis erneut gestört. Während das Jüngelchen draußen mit dem Zausel streitet, wird drinnen die holde Maid von einem warzenübersäten notgeilen Troll mit gelbem Glibber vollgekotzt, vergewaltigt und verschleppt… Mit gefakten Filmfehlern gespickter Grindhouse-Epigone, der eine insgesamt recht amüsante Glibber- und Schleimgeschichte erzählt. Wer auf Trollerotik steht, sollte lieber den exzellenten BORDER anschauen.
5. Lo que importa es lo de adentro (Regie: Lex Ortega)
Ein kleines, gehbehindertes Mädchen hat Angst vor einem vor dem Haus sitzenden Obdachlosen, den sie als Kinderschreck (Coco) bezeichnet. Von ihrer Mutter wird sie sehr schroff behandelt, während ihrem Bruder gegenüber ein erheblich freundlicherer Ton angeschlagen wird. Doch wie sich zeigt, ist die Angst des Mädchens durchaus gerechtfertigt. Ausgesprochen nervige Episode, insbesondere durch das ständige Gebrabbel des Mädchens und das ständige Gebrüll der Mutter. Mit dem stillen Bruder wird hier eindeutig der Falsche zum Opfer… „Wer das hier liest, schau hin und guck … wird ihn nicht mehr los, den Babadook“ Jennifer Kents brillanter BABADOOK wird Freunde nerviger Kinder weit mehr erfreuen.
6. Munecas (Regie: Jorge Michel Grau)
Auf der Isla de las Munecas, einer Insel in Mexico City, auf der zahllose Spielzeugpuppen an Bäumen aufgehängt sind, flüchtet eine Frau durch ein Feld, kämpft mit einem dicken Mann und landet schließlich in einem Käfig in einer Blockhütte, in dem schon weitere Gefangene sitzen… Ja, das ist tatsächlich so ziemlich die ganze Geschichte, an der außer der schönen Schwarzweiß-Fotografie nichts weiter zu erwähnen ist. Tobe Hoopers TEXAS CHAINSAW MSSACRE ist wesentlich gehaltvoller.
7. Siete veces siete (Regie: Ulises Guzman)
Ein durch Verbrennungsnarben entstellter Mann klaut eine Leiche, bringt sie an einen abgelegenen See und führt dort eigenwillige Rituale durch, um die Leiche wieder zum Leben zu erwecken und sich für von ihr früher begangenes Unrecht zu rächen. Symbolträchtige aber zu verschachtelte Fingerübung in schöner Optik. Gary Shermans DEAD AND BURIED ist ebenso eigenwillig aber viel interessanter.
8. Dia de los Muertos (Regie: Gigi Saul Guerrero)
Am „Tag der Toten“ bieten die Tänzerinnen eines Strip-Clubs ihren zwielichtigen Gästen eine ganz besondere Show. Für mich ist dies die beste Episode mit klarer Story, angemessener Action und einer Menge Blut. Das offensichtliche Vorbild dürfte hier Robert Rodriguez FROM DUSK TILL DAWN sein, den ich hier auch empfehle, denn warum soll man sich mit billigen Kopien abgeben, wenn man stattdessen mit Salma Hayek viel mehr Spaß haben kann?
Das einzig Bemerkenswerte an dieser Sammlung ist die mexikanische Herkunft. Ansonsten bieten die acht Kurzfilme überwiegend halbgare Geschichten, deren innerer Zusammenhalt sich durch die Verknüpfung mit mexikanischen Legenden begründen soll. Vielleicht ist die Voraussetzung zum Genuss dieses Films, dass man mit den mexikanischen Sitten und Gebräuchen vertraut ist. Ich hätte allerdings gern auf obskure Legenden verzichtet und lieber ein paar handfeste, gruselige und splatterige Geschichten genossen. Dummerweise hat sich stattdessen eher durchgängige Langeweile eingestellt, da eine teilweise coole Optik oder ein innovatives Sounddesign einfach zu wenig sind, um mich bei der Stange zu halten. Die vorliegende Fassung ist um ca. vier Minuten gekürzt, aber etwas mehr Blut und Gedärm hätten das Ganze jetzt auch nicht gerettet.
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Mexico Barbaro | Mexiko 2014 | Regie: Laurette Flores Born, Aaron Soto, Isaac Ezban u.a. | Darsteller: Laurette Flores Born, Edgar Nito, Jorge Michel Grau u.a.
Anbieter: Busch Media