Gerne spreche ich über ältere Filme, über Hintergründe von Produktionen, aber ich deute sie nicht, rezensiere sie nicht, „erkläre“ sie nicht genregeschichtlich. Ich bin im Gegenteil sehr vorsichtig überall da, wo Genrefilm-„Experten“ in Erscheinung treten zu einem Zeitpunkt, da wir Gott weiß andere Sorgen haben und unseren Verstand schonen sollten für die (ein Unwort!) „Herausforderungen“ der durch Pandemie beschleunigten Zeitenwende.
Informationen zu THIS ISLAND EARTH (METALUNA 4 ANTWORTET NICHT, 1955) kann jeder selbst finden. Der im Juni 2006 verstorbene Philip Riley hat das Drehbuch herausgegeben, und Robert Skotak hat den Background dazu recherchiert. Ich habe den Film vor jetzt genau 55 Jahren im Kino gesehen, just zu der Zeit, als im bundesdeutschen Fernsehen die RAUMPATROUILLE lief. Das ist zu lange her, um sich genauer an ihn zu erinnern. Gelegentlich hatte ich das Glück, in Ausstellungen das eine oder andere Artefakt daraus ausstellen zu dürfen: einen Mutanten-Kopf, einen Zahgon-Jäger.
Es sollte alles gesagt sein.
Nein, nicht wirklich alles.
Ein Addendum zur US-amerikanischen Science-Fiction-Szene der frühen 1950er Jahre. Ich habe es vor einiger Zeit in einem eher wenig beachteten Buch mit dem Titel DER ANGRIFF DER ZUKUNFT AUF DIE GEGENWART (Herbert von Halem Verlag) erwähnt. Darin zitierte ich einen gewissen Ron Hubbard, der sich in jener Zeit im Umfeld von Science-Fiction-Autoren und -Herausgebern herumtrieb, von diesen Ideen aufnahm, sie umgekehrt aber auch mit seinen eigenen abstrusen beeinflusste.
Science Fiction habe eine Mission, schrieb Hubbard: Sie sollte den Menschen zu den Sternen bringen. Wegbereiter und zeitweilig Gesinnungsgenossen waren Autoren wie John W. Campbell jr., der von Howard Hawks (THE THING FROM ANOTHER WORLD/DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT, 1951) verfilmt worden war und in seinen Blättern offen für Dianetik warb; Robert A. Heinlein, ein anderer Rechtskonservativer, der für George Pal das Drehbuch zum ersten großen Weltraumfilm nach dem Krieg geschrieben hatte (DESTINATION MOON/ENDSTATION MOND, 1950); Raymond F. Jones, dessen außerirdischer „Interocitor“ (THE ALIEN MACHINE) aus dem Film THIS ISLAND EARTH dem Hubbardschen Auditing via Elektropsychometer nahekam…
Forry Ackermans Sci-Fi-Gemeinde fungierte als Katalysator:
Forrest Ackerman, zeitweilig literarischer Agent dieser Herren wie auch von Hubbard, erinnert sich, dass der Dianetik-Erfinder in SF-Zirkeln stets seine hypnotischen Fähigkeiten unter Beweis stellen wollte, vielleicht um die Ohnmacht des Pulp-Schreibers durch die spirituelle Macht des künftigen Religionsgründers und Gehirnwäsche-Spezialisten zu ersetzen. Hubbards utopische Münchhausiaden verdichteten sich schließlich in der Church of Scientology, deren Gründung ihn als totalen, wenn nicht totalitären Geschäftsmann auswies. Psychologen und Psychiater standen derweil im Zentrum von Hubbards Kritik: Nicht der Religionsstifter, sondern jeder, der ihn in Frage stellt, wird für „geisteskrank“ erklärt.
Letzteres ein Syndrom, das in der amerikanischen Politik längst „hoffähig“ geworden ist.
Das heißt nicht, dass Raymond Fisher Jones (1915-1994), der zwischen 1949 und 1951 die “Peace Engineers Trilogy” für das Magazin Thrilling Wonder Stories geschrieben hatte, ein Hubbard-Anhänger gewesen sein muss, aber er war womöglich mit Ideen des Auditing ebenso vertraut wie sein Kollege John W. Campbell, der Hubbards technologisch und futuristisch aufgeladene Pseudo-Psychologie in Pulp-Magazinen bewarb. 1952 fasste Jones die drei Stories in einem Buch “This Island Earth” zusammen, das bei Shasta Press erschien und dessen Filmrechte in einer regelrechten Welle von SF-Filmen von Regisseur Joseph M. Newman und Universal erworben wurden. Produziert wurde die Geschichte um Erd-Wissenschaftler mit nachweislich hohem IQ, die in einen außerirdischen Krieg zwischen Metaluna und Zahgon hineingezogen werden, von William Alland, einem Ex-Mitarbeiter von Orson Welles (er ist in CITIZEN KANE zu sehen) und fleißigen Zuträger der McCarthy-Ära. Robert M. Fresco, ein Drehbuchautor, hat einiges über diesen Herrn Alland erzählt. Die technischen Effekte von THIS ISLAND EARTH waren schließlich so aufwändig, dass Universal den Vertrag mit dem Leiter der Abteilung Special Photography nicht erneuerte, sondern ihn vor die Tür setzte, obwohl sein Vater einer der Mitgründer des Studios gewesen ist.
Erschienen ist METALUNA IV ANTWORTET NICHT, so der deutsche Kinotitel, in verschiedenen DVD- und Blu-ray-Editionen über Ostalgica. Empfehlenswert ist die 3-Disc-Mediabookauflage. Hier findet sich der Film sowohl auf Blu-ray wie auch auf DVD. Bild und Ton sind dem Alter entsprechend sehr gut. Die ebenfalls enthaltenen Super-8-Fassungen „Castle“ und „Universal Super 8“ sind charmante filmhistorische Kleinode. Eine Kostbarkeit ist der auf der beiliegenden CD aufgespielte Soundtrack. Wer den Film noch nicht besetzt, oder endlich in einer würdigen Edition sein Eigen nennen möchte, kann hier bedenkenlos zugreifen.
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This Island Earth, USA 1955, Regie: Joseph M. Newman, Darsteller: Jeff Morrow, Faith Domergue, Rex Reason, Lance Fuller, Russell Johnson, Douglas Spencer, Robert Nichols u.a.
Anbieter: Ostalgica