Dreißig Jahre nach seinem bundesweiten Verbot gibt es nun also wieder die Original-Zombies im Kaufhaus. Gelegenheit für alle Eingeweihten wie auch für neue Generationen, ganz offiziell mit George A. Romeros Klassiker aus dem Jahre 1979 auf Tuchfühlung zu gehen. Letzteres geschieht freilich unter völlig geänderten medialen Bedingungen. Zwar begründete Romero die moderne Variation des Zombies als untoter Fleischfresser mit DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN bereits 1968. Doch erst sein zweiter Eintrag ein Jahrzehnt später ließ die Zombie-Welle richtig starten. Damals ein kulturelles Schockphänomen in bundesdeutschen Kinos, über das die meisten Gazetten zumeist nicht sehr wohlwollend berichteten, ist der Zombie als Schreckensfigur längst in den allgemeinen Kanon neben den anderen klassischen Schauerwesen wie Vampiren, Werwölfen, Mumien oder Frankensteins Monster eingegangen.
Im Zeitalter von dutzenden jährlich erscheinender Zombie-Action-Videospiele, der gefühlt 27. Staffel von THE WALKING DEAD und Kinderfilmen mit unseren verwesenden Freunden (ZOMBRIELLA) erscheint das Untergenre des Zombiefilmes nun langsam auserzählt. Kann da ein über vierzig Jahre alter Film mehr hervorrufen als nur ein Gähnen und seine Wiederverfügbarkeit mehr sein als eine erfreuliche Randnotiz? Um das inzwischen schon reichlich abgenagte Sinnbild des alten Weines, der bekanntlich mit den Jahren nicht an Geschmack verliert zu zitieren, kann diese Frage getrost bejaht werden. DAWN OF THE DEAD atmet produktionstechnisch natürlich das Flair der 1970er Jahre, ist inhaltlich aber (leider?) nach wie vor hochaktuell.
Romero-Zombie-Filme sind immer auch gesellschaftliche Kommentare. Was in der „Nacht der leben Toten“ noch unbewusst eingefangen wurde, ist allerspätestens seit seinem Katastrophen-Virus-Szenario CRAZIES von 1973 Romeros Handschrift. So ist ZOMBIE immer noch eine beißende Parabel auf menschlichen Hedonismus. Auf die gesellschaftlichen Machtgefälle, diese Trennung in Reich und Arm. Die Gruppe an Menschen, die sich in diesem riesengroßen Kaufhaus als Mahnmal des enthemmten Konsums verschanzen und sich als Herren aufspielen, gegen die Massen an Mittellosen, die auch konsumieren wollen, aber nicht dürfen. Die Radikalität an Romeros Dystopie ist, dass die mittellose Masse nicht mehr an Luxuswaren interessiert ist, sondern an den Privilegierten selbst. Beide Gruppen stehen sich unversöhnlich gegenüber, eine Kommunikation ist nicht mehr möglich. Fast so wie sich heute die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppierungen ihre eigenen Resonanzräume nicht nur im Internet geschaffen haben und, unfähig zu echter Kommunikation, lieber übereinander statt miteinander reden. Die Schere zwischen Arm und Reich geht stetig auseinander, die Mittelschicht bricht nach und nach weg. Das Ergebnis in seiner drastischen Konsequenz wäre ein Krieg auf den Straßen, die Gesellschaft, um in der Film-Metapher zu bleiben, würde sich selbst zerfleischen.
ZOMBIE ist ein verflucht cleverer, zugleich beängstigender gesellschaftlicher Kommentar. Zudem für die Freunde des geschätzten Unterhaltungskinos noch überzeugend gespielt und inszeniert. Besagte Fangemeinde bekommt den Film auf der vorliegenden Blu-Ray in der traditionellen europäischen Fassung, dem sogenannten Argento-Cut. Die beiden Schnittfassungen von George Romero sind der Luxusausgabe vorbehalten. Weitere offizielle Fassungen sind nicht existent und fehlen daher folgerichtig in den verschiedenen Editionen. Als Extras der Single-Blu-Ray gibt es einen Audiokommentar des Komponisten Claudio Simonetti sowie einige Trailer und Radiospots.
Dawn of the Dead | Italien/USA 1978 | Regie: George A. Romero | Darsteller: David Emge, Ken Foree, Scott H. Reiniger, Gaylen Ross, David Crawford u.a.
Anbieter: Koch Media