Einmal um die ganze Welt.

„Elly Conway mag es gemütlich. Die Autorin von Spionage-Bestsellern lebt zurückgezogen und verbringt ihre Abende am liebsten mit ihrer Katze Alfie zu Hause am Computer. Ellys Bücher handeln von Geheimagent Argylle und dessen Mission, ein weltumspannendes Spionagesyndikat zu entlarven. Doch eines Tages beginnen die Operationen einer sehr realen Geheimdienstorganisation den fiktiven Geschichten in Ellys Romanen auf beunruhigende Weise zu gleichen. Die ruhigen Abende zu Hause gehören damit der Vergangenheit an. Elly begibt sich in Begleitung von Alfie und dem an einer Katzenallergie leidenden Spion Aidan auf eine wilde Mission rund um den Globus. Doch bei dem Versuch, ihren gefährlichen Widersachern immer einen Schritt voraus zu sein, verschwimmt zunehmend die Grenze zwischen Fiktion und Realität …“
Soweit die Inhaltsangabe von Universal Pictures.

Nach dem Anschauen des ersten Trailers war mir sofort klar, dass Regisseur Matthew Vaughn und seine versammelte Starriege mich diesmal nicht ins Kino locken würden. Erstens erinnerte mich alles zu sehr an Vaughns KINGSMAN-Reihe. Zweitens sahen die Effekte nicht sonderlich gelungen aus. Drittens wollte ich Henry Cavills Frisur nicht zwei Stunden lang ertragen müssen und viertens kann ich Katzen nicht leiden.

Das alles muss natürlich nichts über den Film an sich aussagen, aber meine Maxime lautet: Schau dir keinen Film im Kino an, dessen Trailer dir schon auf die Nerven geht. Damit liege ich in 95% der Fälle goldrichtig und – meine Güte – mein Vorurteil hat sich nach dem Ansehen des vollständigen Produkts auf TV-Format sowas von bestätigt.

Fangen wir mit den positiven Aspekten an. Trotz einer Länge von 139 Minuten ist der Film durchgängig kurzweilig und recht flott inszeniert. Matthew Vaughn feuert hier aus allen Rohren. Bryce Dallas Howard und Sam Rockwell geben dabei ein schönes unfreiwilliges Pärchen ab, auch wenn Howard die verschreckte Großäugigkeit zuweilen etwas zu sehr auf die Spitze treibt. Trotzdem bleiben beide charmant und Sam Rockwell empfiehlt sich wieder einmal für größere und substanziellere Auftritte. Die sehr agile Kamera fängt einige hübsche Actionsequenzen ein, die Ausstattung ist üppig und wie es sich für einen ordentlichen Agententhriller gehört, findet man sich bei der Hatz um den Globus alle paar Minuten an einem neuen exotischen Schauplatz wieder.

Tja, und da kommen wir schon zu den weniger gelungenen Aspekten dieses überproduzierten, überlangen, nicht sonderlich amüsanten und mit spektakulär schlechten CGI-Effekten überladenen Werks, dessen Budget mit rund 200 Millionen Dollar angegeben wird.

Durch die Löcher der Geschichte könnte ein Dreißigtonner problemlos durchfahren und die Twists sind oft entweder vollkommen vorhersehbar oder vollkommen absurd – und wir sind hier leider nicht in einer Fortsetzung der nackten Kanone.

Die Sets sind vielfach überdesigned und erschlagen das, was eigentlich gerade in den Sets passiert. Die Darsteller scheinen einen Wettbewerb im Overacting veranstaltet zu haben – dabei kommt Henry Cavill mit seinen überraschend kurzen Auftritten noch am besten weg – sieht man mal von der infernalisch schlimmen Frisur ab. Ebenso kurz und folgenlos sind die Auftritte von John Cena, Ariana DeBose oder Dua Lipa, deren gesamte Szenen schon im Trailer zu sehen gewesen sein dürften.

Catherine O’Hara ist zuweilen noch ganz witzig, Bryan Cranston dagegen ist mit einer solchen Karikatur von Rolle gesegnet, dass man nur hoffen kann, dass sein Anteil am gigantischen Budget ihn dafür ausreichend entschädigt. Und auch Samuel L. Jackson erscheint hier leider nur, um seinen Scheck abzuholen.

Bis auf Howard – zumindest in der ersten Hälfte, bevor sie zur nicht sehr überzeugenden Actionheldin wird – und Rockwell bleibt hier niemand positiv in Erinnerung.

Die Actionszenen sind professionell gefilmt, wirken aber durch den für Filme von Vaughn ungewöhnlichen Mangel an Blut und ihre mehrfache Wiederholung ziemlich brav. Und – ich muss es nochmal erwähnen – Howard kann hier wirklich nicht überzeugen.

Und dann diese verdammte Katze, die eigentlich nichts zu tun hat, als vermeintlich süß zu sein und die Handlung an mehreren Stellen zu behindern. Mit dieser Katze kommen wir dann zu einem weiteren grandios misslungenen Teil dieses Unternehmens: die Effekte. Nicht nur die Katze ist praktisch durchgängig CGI-animiert – der ganze Film scheint vor Stagecraft-Screens oder ähnlichen virtuellen Umgebungen gedreht worden zu sein, so dass alles irgendwie nach billiger Green Screen/Blue Screen aussieht. Kaum ein Moment, in dem die Darsteller so wirken, als ob sie in einer realen Kulisse stehen. Und selbst die sonstigen CGI-Effekte haben eher die Qualität von „Expendables 4“ als die einer 200-Millionen-Dollar Produktion.

Was Vaughns Inszenierungsstil anbelangt, so hat er sich seit KICK-ASS und dem ersten KINGSMAN nicht weiterentwickelt. Die damals neuen und überraschenden Gimmicks wirken hier überwiegend altbacken, einfallslos und abgegriffen. Natürlich schwenkt die Kamera bei Kämpfen mit den Körperbewegungen mit, natürlich gibt es diverse Zeitlupenaction und natürlich darf auch eine mit Farbexplosionen garnierte Actionsequenz nicht fehlen. Nichts davon rettet diesen Film – und die Post-Credit-Szene mit ihrer bemühten Verbindung zu anderen Vaughn-Filmen ist dann auch nur noch der letzte Nagel im Sargdeckel.

Ich bin mir recht sicher, dass ich weit mehr Spaß gehabt hätte, wenn ich mir Kathleen Turner und Michael Douglas im 1984er AUF DER JAGD NACH DEM GRÜNEN DIAMANTEN nochmal angeschaut hätte. Hier besteht ja eine deutliche thematische Verwandtschaft, allerdings ist der alte Film um Lichtjahre besser, witziger und charmanter als diese müde Kalauer- und CGI-Bombe.

Argylle
USA 2023
Regie: Matthew Vaughn
Darsteller: Bryce Dallas Howard, Sam Rockwell, Henry Cavill, Ariana DeBose, Bryan Cranston, Catherine O’Hara, Dua Lipa, Samuel L. Jackson, John Cena, Richard E. Grant, Rob Delaney, Sofia Boutella, Ben Daniels u.a.

Fotos: Universal Pictures

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