Der amerikanische Wissenschaftler Alan Brooks reist in den Schweizer Bergort Trollenberg, um seinen Kollegen Prof. Crevett zu besuchen, der vom dortigen Observatorium eine geheimnisvolle radioaktive Wolke beobachtet, welche seit einigen Wochen über dem Gipfel des Monteville schwebt. Crevett vermutet, dass es sich um dasselbe Phänomen handelt, das drei Jahre zuvor in den Anden aufgetaucht ist und dort mehrere Menschenleben gefordert hat. Tatsächlich verzeichnet man seit kurzem auch am Monteville mehrere Todesfälle von Bergsteigern, die enthauptet aufgefunden wurden, nachdem sie Kontakt mit der Wolke hatten. Indes finden sich auch Journalist Philipp Truscott sowie die beiden Schwestern Anne und Sarah Pilgrim in Trollenberg ein. Als klar wird, dass die übersinnlich begabte Anne mit der Wolke in telepathischer Verbindung steht und deren Handeln vorhersehen kann, werden mehrere Personen von einem untoten Bergsteiger angegriffen, der offenbar unter dem Bann einer fremden Macht steht. Während die Wissenschaftler zu dem Schluss gelangen, dass in der Wolke außerirdische Kreaturen leben, deren Körper extreme Kälte abgeben, senkt sich die Wolke in Richtung Tal, so dass die Bewohner Schutz in dem hochgelegenen Observatorium suchen müssen. Als die Wolke auch diese letzte Zuflucht einhüllt, erblicken die Belagerten schließlich die wahre Gestalt der fremden Wesen…
DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE entstand weniger als zwei Jahre, nachdem die britischen Hammer-Studios den Monsterklassiker YETI, DER SCHNEEMENSCH (THE ABOMINABLE SNOWMAN [1957]) in die Kinos gebracht hatten. Dass man sich ganz bewusst an diesem Film orientierte, zeigt u.a. die Besetzung des US-Amerikaners Forrest Tucker (hier in der Rolle des Alan Brooks), der auch im Yeti-Film aufgetreten war. In der Anfangsszene wird im Original sogar wörtlich der Filmtitel des offenkundigen Vorbilds zitiert. Im Unterschied zu diesem entstand DIE TEUFELSWOLKE nicht unter freiem Himmel, sondern wurden komplett in den britischen Southall Studios gedreht, einem der ältesten Filmstudios Englands. DIE TEUFELSWOLKE war zugleich der letzte Film, der dort hergestellt wurde. Obgleich in der Schweiz kein Ort namens „Trollenberg“ existiert (der einzige Ort dieses namens befindet sich im Schwarzwald), gibt man sich alle Mühe den Eindruck zu erwecken, man befinde sich mitten in den Alpen. So finden sich am Bahnhof große Schilder mit der Aufschrift „Bahnsteig“ und „Wartsaal“ (sic!) oder auch Werbeposter von Zermatt. Die Darsteller der einheimischen Bergsteiger ließ man sogar ein paar deutsche Dialoge einstudieren, die natürlich mit schauerlichem Akzent („Komahn si här, schnäll!“) vorgetragen werden.
Bei genauerer Betrachtung hat man es nur anfangs mit einem Alpinisten-Film zu tun. Ab der zweiten Hälfte kommen mehr und mehr Science-Fiction-Motive hinzu, bis der Film am Ende komplett zu einem 50er Jahre creature movie wird. Wie in einer typischen Lovecraft-Story deutet sich der kosmische Schrecken zunächst nur durch rätselhafte Phänomene an. Weder die Wolke noch die von ihr ausgesandten übersinnlichen Signale erscheinen zunächst greifbar, bis sich die Außerirdischen schließlich den Menschen offenbaren und sehr reale Angriffe gegen sie führen.
DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE war die Filmversion einer sechsteiligen TV-Serie mit gleichem Originaltitel. Beide Werke wurden von dem mehrheitlich fürs Fernsehen tätigen Quentin Lawrence inszeniert. Auch Laurence Payne ist sowohl im Film als auch in der Serie als Journalist Truscott zu sehen. Für die Filmadaption war kein Geringerer als Jimmy Sangster verantwortlich, aus dessen Feder u.a. die Vorlagen für die Hammer-Klassiker FRANKENSTEINS FLUCH (THE CURSE OF FRANKENSTEIN [1957]) und DRACULA [1958] stammten. Für die Kinoversion der TEUFELSWOLKE fügte er der ansonsten praktisch gleichen dramatis personae noch die Rolle des Wissenschaftlers Alan Brooks hinzu. Die in der Serie noch „Ixodes“ genannten Aliens bleiben im Film nunmehr namenlos. Einen großen Bock schoss Sangster allerdings durch die Handlungsbezüge zur UNO, die laut Film eine Außenstelle in Bern hat, obwohl die Schweiz damals neutral war und erst im Jahr 2002 den Vereinten Nationen beitrat.
Sangster verleiht der Story einiges mehr an Spannung und Bedrohlichkeit, dennoch kann die immer noch recht behäbige Erzählweise der ersten Filmhälfte nicht ganz ihre TV-Wurzeln verleugnen. Dies missfiel offenbar auch den Amerikanern, weshalb der Film dort auf 75 Minuten gekürzt und mit dem – sehr viel vom Ende vorwegnehmenden – Titel THE CRAWLING EYE versehen wurde. Das in den USA titelgebende Monster hat übrigens ein „Auftritt“ in Stephen Kings „Es“ (natürlich zeitlich passend in dem 50er Jahre Segment der Handlung). Doch nicht nur der Horrorautor fand Gefallen an DIE TODESWOLKE VON MONTEVILLE: Auch der Horrorregisseur, Drehbuchautor und Komponist John Carpenter ließ sich durch die von Wolken verhüllten Kreaturen zu seinem Werk THE FOG – NEBEL DES GRAUENS [1980] inspirieren, wie er in dem exklusiv für die hier besprochene BluRay von Anolis enthüllt.
Die zeitgenössische vernichtende Kritik, die sich größtenteils auf die Plausibilität der Handlung bezog, erscheint rückblickend etwas unfair. Verglichen mit anderen creature movies aus der Zeit ist DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE durchaus unterhaltsam und vermischt originell mehrere Genres miteinander. Zudem ist besonders die Hauptrolle mit Forest Tucker als kernigem Wissenschaftler gelungen besetzt. Der aus zahlreichen amerikanischen Western und Krimis bekannte B-picture-Star agiert gewohnt souverän und der Zuschauer gönnt ihm die attraktive Jennifer Jayne zum happy end von Herzen. Synchronisiert wird Tucker in der deutschen Fassung von Arnold Marquis, der eine der Stammstimmen von John Wayne war, dessen zweite deutsche Stimme Heinz Engelmann hier in der Rolle des untoten Bergsteigers Brett (gespielt von Andrew Faulds) zu hören ist. Nicht minder hochkarätig synchronisiert wurde die Rolle des Prof. Crevett (gespielt von dem aus unzähligen Film- und Fernsehauftritten bekannten Briten Warren Mitchell). Seine herrlich schrullige deutsche Stimme gehört Walter Bluhm, der Stammstimme von Stan Laurel und Stringer Davis aus den Miss-Marple-Filmen mit Margaret Rutherford. DIE TEUFELSWOLKE VON MONTEVILLE wurde vom Genrelabel Anolis in Form von drei wunderschönen Mediabooks und einem Keepcase auf Blu-Ray veröffentlicht. Im Bonusmaterial finden sich Highlights wie eine deutsche Vollbildfassung, eine Super-8-Version, zeitgenössische britische, amerikanische und deutsche Kinotrailer, sowie zwei sehr aufschlussreiche Audiokommentare (einer wie bereits erwähnt wie Horror-Großmeister John Carpenter). Ein Rundum-Sorglos-Paket für alle Enthusiasten des 50er Jahre Gruselklassikers!
The Trollenberg Terror
USA 1959
Regie: Quentin Lawrence
Drehbuch: Jimmy Sangster, Peter Key, Gilles Cooper
Darsteller: Forest Tucker, Laurence Payne, Warren Mitchell, Andrew Faulds, Stuart Saunders, Janet Munro, Jennifer Jayne u.a.
