Exotica wurde als Begriff ursprünglich durch Martin Dennys Musik der Exotik-Phantasterei geprägt. Als amerikanischer Pianist der 1950er Jahre erschuf er Smooth-Jazz-Welten, die in ihrer Klangkulisse aus Tiergeräuschen und Bongo-/Xylophon-Percussion an entfernt gelegene, karibische oder ozeanische Eilande erinnern sollten. Was wiederum eine eigene Sparte des Geschichtenerzählens ist: die Verortung des Geschehens und der Figuren auf einer Insel, die als solche einen isolierten semantischen Raum darstellt. Filme und Literatur dieser Art gibt es in Fülle und in Form von komplexeren Vertretern wie DIE INSEL DES DR. MOREAU und HERR DER FLIEGEN, aber auch in Form von Exploitation (berühmterweise WOODOO – DIE SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES); oder eben Klamauk: zum Beispiel, wenn es Terence Hill und Bud Spencer aus Versehen auf eine unbekannte Insel irgendwo im Pazifik verschlägt.
Terence Hill spielt „Alan“, der in bester Corbucci-Miami-80er Manier vor irgendeiner Gang fliehen muss (die aus Gesichtern besteht, die in angenommen allen früh-80er Hill/Spencer Filmen von Fäusten geplättet werden). Immerhin bekommt er auf der Flucht noch eine Schatzkarte von seinem Onkel zugesteckt und findet letztlich Zuflucht auf dem Boot von Charlie (Bud Spencer), der gerade plant, mit einem Marmelade-Betrug das große Geld zu machen. Nach viel komödiantischem Hin und Her auf dem Boot, was einen sprechenden Papagei, Essensdiebstahl, Fahrtmanipulation und Ansatz-Gekloppe beinhaltet, stranden die beiden Tunichtgute endlich auf einer angeblich unbewohnten Insel, auf der sich auch der Schatz von Alans Karte befinden soll. Bis zu diesem Punkt lässt sich der Film wie Vergleichswerke der beliebten Prügelknaben ansehen (ZWEI SIND NICHT ZU BREMSEN bspw.) und bietet immerhin erwartbaren und unterhaltsamen Unsinn.
Was dann aber Alan und Charlie auf der Insel „Bongo Bongo“ (!) schließlich erwartet (und damit auch vom Zuschauenden miterlebt werden muss), lässt sich noch am ehesten als völlig freidrehende, politisch und menschlich höchst inkorrekte Screwball-Komödie mit italienischer Crew auf angeblich Quasi-Südsee-Boden bezeichnen. Da gibt es die Insulaner, gespielt von italienischer und amerikanischer Besetzung, die auf aus heutiger Sicht fassungslos machende Art rein phonetisch „Inseldialekt“ nachahmen. So etwas musste man ansonsten nur in 1930er Hollywood-Abenteuerfilmen beiwohnen und kann es wohl „Dschunglisch“ taufen (im Neologismus steckt die Kritik an den Neologismen). Hinzu kommen noch angriffslustige Piraten, die entweder aus einem Tom-of-Finland-Bildband gefallen sind oder darauf schließen lassen, dass die Produzenten keine allzu realistische Vorstellung einer Bikergang aufweisen konnten, denn an eine solche sollen die Schurken wohl erinnern. Auch mit von der Partie ist ein ständig „Banzai!“ brüllender, seit dem 2. Weltkrieg gestrandeter Japaner, der in Eigeninitiative eine Festung bewacht und Vater von „Anulu“ ist (grotesk verkörpert von Sal Borgese). Zu guter Letzt erscheint auch noch die amerikanische Gang und will sich den Schatz unter die Nägel reißen.
Man muss nicht näher auf die einzelnen Plot-Bindeglieder eingehen, denn worauf alles hinausläuft, ist sowieso eine einzige große Prügelei. Untermalt ist das Ganze von dem immer wiederkehrenden Song „Movin Cruisin“, fast schon gelangweilt souverän in Szene gesetzt von Regisseur Sergio Corbucci und immerhin ambitioniert getragen von Terence Hill und Bud Spencer.
Selbst als Freund von (Hill/Spencer-)Klamauk und selbst wenn man (wie ich) eine hohe Schmerztoleranz für (sonst wie) inkorrekte Kulturprodukte hat, dürfte einem dieser Haudegen-Zirkus mit schlechtem Geschmack schwerfallen. Lustig ist wenig, empörend viel – aber deswegen erinnert man sich auch an diesen Film. In Form von posttraumatischen Flashbacks.
Chi trova un amico trova un tesoro
Italien/USA 1981
Regie: Sergio Corbucci
Drehbuch: Mario Amendola, Sergio Corbucci
Kamera: Luigi Kuveiller
Musik: Carmelo & Michelangelo La Bionda,
Darsteller: Bud Spencer, Terence Hill, John Fujioka, Sal Borgese, Louise Bennett, Mirna Seya u.a.
Laufzeit: 108 min.