Wege durchs Hildesheimer Paralleluniversum.

Plötzlich war er da. Der große Wenzel Storch Prachtband. Nachdem sich die Veröffentlichung seines filmischen Gesamtwerks auf DVD scheinbar genauso hindernisreich wie die Produktion der ursprünglichen Filme gestaltet (wann kommt endlich DER GLANZ DIESER TAGE?), lag dieser opulente Klotz ganz unerwartet im Briefkasten. Der beste Deutsche Regisseur lässt den Leser und Bildbetrachter schön geordnet an der Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte seiner drei filmischen Meisterwerke teilhaben und die hat es in sich. Dreimal größte Schöpferkraft und Selbstaufopferung in Verbindung mit größter Unerfahrenheit bezüglich filmischer Konventionen und Technik (was gut ist). Dreimal überschwängliches Echo seitens der Presse (Einigkeit zwischen Di Lorenzos, Augsteins, Springers und Sonneborns Postillen). Und dreimal Ignoranz seitens Deutscher Festivals, Deutscher Verleiher und des Deutschen Publikums. Und dann aber wieder innigste Liebe der Wenigen, die eine Chance hatten DER GLANZ DIESER TAGE, SOMMER DER LIEBE und REISE INS GLÜCK in ihr Herz schließen zu dürfen.

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Das im Martin Schmitz Verlag veröffentlichte Buch „Wenzel Storch – Die Filme“ basiert auf zahlreichen Gesprächen, die verschiedene Interviewer zwischen 1995 und 2013 mit Storch führten. In chronologischer Interviewform beantwortet der Hildesheimer eingehend Fragen zu den obengenannten Themen und auch ausführlich zu seiner mehr als ungewöhnlichen Biografie, deren extremste Momente mittlerweile einen wichtigen Teil seiner Lesungen einnehmen. Glücklicherweise existieren auch aus prekärster Vergangenheit des Ex-Ministranten Bilddokumente, die Storch dem Leser nicht vorenthält. Und so stellt sich ein Effekt ein, den Storch schon mehrfach in Lesungen erfahren musste: Seine Biografie und die Produktionsgeschichte der Filme wird von Manchen für Fiktion gehalten. Frechheit! Hier ist alles wahr! Und das macht es auch für Nichtfans des Storchschen Werkes so leicht, dieses Buch zu genießen.

Auf 336 Seiten finden sich nicht nur Fotos und Zeichnungen des Meisters, sondern auch reichlich Relikte aus Storchs unendlichem Fundus von Illustrationen, Magazincovern und natürlich religiösem Tand wie dem Sakramente Quartett. Die Filme selbst werden ausführlichst besprochen und mit wunderbar vielen Filmstills und den absurdesten Komplementärmaterialien in toller Druckqualität versehen.  „Wenzel Storch – Die Filme“ ist ein opulenter Prachtband, der Lust auf das in sich schlüssige Universum Wenzel Storch macht. Und vor allem möchte man seine Filme noch mal ansehen. Und noch mal. Und dann noch mal.

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Wenzel Storch – Die Filme, über 700 farbige Abbildungen, Zeichnungen und Skizzen, Martin Schmitz Verlag, 29,80 Euro

 

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