Würdige Wiederkehr auf Blu-ray.

Von Gerd Naumann

Es ist viel Zeit vergangen, seit Anolis Entertainment die erste Hammer-Edition veröffentlicht hat. Die DVD-Reihe mit ausgewählten Filmen der legendären britischen Produktionsschmiede Hammer umfasste zwanzig Titel, darunter ebenso bekannte wie weltweit anerkannte Meisterwerke. Nun liegt die Veröffentlichung der Edition bereits ein ganzes Jahrzehnt zurück, die Titel sind oftmals bereits vergriffen. Zudem gibt es mit der Blu-ray für Filmliebhaber mittlerweile ein neues Medium, das sich für die ansprechende Präsentation von Klassikern geradezu anbietet. Auch zahlreiche Hammer-Filme wurden und werden im Zuge der Heimkinopräsentation in High Definition restauriert und erfahren eine neue, hochwertige Veröffentlichung. Nun ist es wieder an Anolis, die Lücke auf dem deutschen Markt zu schließen. Und es könnte kaum ein anderes Label sein, denn gerade Anolis steht für eine ebenso akribische wie liebevolle Veröffentlichungspolitik. Bisher erschienen sind die Filme DAS GRÜNE BLUT DER DÄMONEN (1967), DRACULAS HEXENJAGD (1971) und DER FLUCH DER MUMIE (1967). Die Reihe wird regelmäßig fortgesetzt, die Filme erscheinen sowohl im aufwendigen Mediabook als auch in der Standardausgabe. Sämtliche Blu-rays werden von Filmhistoriker Rolf Giesen kuratiert, so etwa enthalten die sehr umfangreichen Booklets zu den Mediabooks zahlreiche Essays.

Bei DAS GRÜNE BLUT DER DÄMONEN handelt es sich um den abschließenden Teil von Hammers-klassischer QUATERMASS-Trilogie, die auf einer in Großbritannien populären Fernsehserie basiert. Waren die beiden von Val Guest inszenierten Vorgänger aus den 1950er Jahren noch in Schwarzweiß, so erzählt Roy Ward Baker die Geschichte nun in Farbe. Und was für eine Farbe – ein intensives 1960er-Jahre-Spektakel, das zeitgeistigen Atem verströmt. Die Handlung gerät dabei fast zur Nebensache. Während Ausgrabungsarbeiten in der Londoner U-Bahn werden skelettierte Überreste von Lebewesen gefunden, die nicht von dieser Erde zu stammen scheinen. Blankes Entsetzen ergreift die Forscher, als diese auf Reste eines außerirdischen Wesens stoßen. Mehr und mehr geraten die Forscher zu der Überzeugung, dass eben jenes Wesen einst das pure Böse auf die Erde gebracht hat… Neben den brillanten Theaterdarstellern weiß vor allem auch die effiziente Regie zu begeistern. Was wie eine gewöhnliche Abenteuergeschichte beginnt, wird allmählich zu einer düsteren Hommage an den großen H.P. Lovecraft. Die wohldosiert eingesetzte Musik von Tristram Cary, unter anderem auch für Alexander Mackendricks LADYKILLERS (1955) verantwortlich, trägt daran einen großen Anteil. Die Blu-ray bietet umfangreiches Zusatzmaterial, darunter einen fabelhaften Audiokommentar mit unter anderem Roy Ward Baker sowie einen weiteren Kommentar von Filmhistoriker Rolf Giesen. Neben Trailern, der Super-8-Fassung und diversen Bildmaterialien findet sich ebenfalls ein Füllhorn an Interviews. Die Bild- und Tonqualität sind überragend, man fühlt sich förmlich in den Sessel eines abgedunkelten Kinosaals zurückversetzt.

DRACULAS HEXENJAGD wiederum ist ebenfalls der Abschluss einer Trilogie, der so genannten „Karnstein-Trilogie“. In gewisser Hinsicht ist John Houghs Reihenabschluss wesentlich reifer als die Vorgänger. Eine Schlüsselrolle hat der von Schauspielikone Peter Cushing gespielte Hexenjäger Gustav Weil inne. Dieser nimmt zwei junge Enkelinnen in seinem Haus auf, von denen die eine unter den schwarzmagischen Einfluss eines dekadenten Grafen gerät. Der bis in die kleinste Nebenrolle kongenial besetzte Film ist nicht nur ein würdiger Höhepunkt der Karnstein-Trilogie, sondern auch ein letztes Aufbäumen des klassischen Hammer-Gruselkinos. Zwar werden in vereinzelten Szenen Zugeständnisse an das zeigefreudige Exploitationkino der 1970er Jahre gemacht, doch überwiegt die wohlige Schaueratmosphäre. Bereits Harry Robertsons wuchtiges Titelthema, das zackig den Ausritt einer Hexenjägergruppe illustriert, verbindet den klassischen symphonischen Ansatz mit den minimalistischen Ausdrucksmöglichkeiten zeitgenössischer Avantgardemusik. Das Bild der Blu-ray lässt den Film in einem nie gesehenen Glanz erstrahlen. Bislang wenig beachtete Details, etwa die karge Schönheit der britischen Landschaften, eröffnen zuweilen einen anderen visuellen Zugang. Die Edition bietet neben einem fundierten Audiokommentar von Rolf Giesen und Uwe Sommerlad mit „The Flesh And The Fury“ eine grandiose Filmdokumentation in Spielfilmlänge. Zahlreiche Interviews, die Super-8-Fassung und Trailer runden diese gelungene Blu-ray ab.

Mit DER FLUCH DER MUMIE veröffentlichte Anolis einen der klassischsten Hammer-Filme. Unter der Regie von John Gilling, der unter anderem auch für DAS SCHWARZE REPTIL (1966) verantwortlich zeichnete, entstand ein in jeder Hinsicht kunstvoll inszenierter Gruselfilm. Im Jahre 1920 lässt der Investor Stanley Preston das Grab des Pharaos Kah-to-Bey ausgraben. Wie es das Genre verlangt, erwacht die Mumie zum Leben und nimmt grausame Rache… Die Musik von Don Banks gehört zu den besten, die jemals für eine Hammer-Produktion geschrieben wurden. Banks schuf epische Klangwelten, die stellenweise an Miklós Rózsa erinnern. Das ist umso bemerkenswerter, als ihm vergleichsweise begrenzte Möglichkeiten zur Verfügung standen. Alles in allem ist DER FLUCH DER MUMIE ein Höhepunkt in der Filmographie des britischen Studios. Das Drehbuch, die Inszenierung, die Besetzung und die Musik fügen sich zu einem atmosphärischen Ganzen. Neben einem Audiokommentar von Rolf Giesen und Volker Kronz finden sich Interviews, Trailer und umfangreiches historisches Bildmaterial. Wie in DRACULAS HEXENJAGD ist auch hier wieder eine umfangreiche Hintergrunddokumentation enthalten.

Mit den ersten drei Filmen ist nun also der Anfang für eine Neuentdeckung der Hammer-Filme auf Blu-ray gemacht. Für dieses Jahr sind noch weitere Titel geplant, darunter Genreklassiker wie NÄCHTE DES GRAUENS oder DER FLUCH VON SINIESTRO. Wenn die weiteren Veröffentlichungen das bisherige Niveau halten, dann erwartet uns mit dieser Reihe eine der besten editorischen Leistungen des Heimkinosegmentes der vergangenen Jahre.

Quatermass and the Pit
England 1967
Regie: Roy Ward Baker
Mit: Andrew Keir, James Donald, Barbara Shelley, Julian Glover, u.a.

Twins of Evil
England 1971
Regie: John Hough
Mit: Peter Cushing, Dennis Price, David Warbeck, Mary & Madeleine Collinson, u.a.

The Mummy’s Shroud
England 1967
Regie: John Gilling
Mit: André Morell, John Phillips, Elizabeth Sellars, u.a.