Von Matthias Künnecke
„Die Geschichte von Cleopatra, Cäsar und Antonius als pornographisch angehauchter Zeichentrickfilm aus Japan“, urteilte der Film-Dienst 1972, als der Anime-Film „Kureopatora“ mit zwei Jahren Verspätung in die deutschen Kinos kam. Dem kann man rein faktisch nicht widersprechen, wohl aber einem weiteren Zitat aus der damaligen Filmbesprechung, das falscher nicht sein könnte: „Langweilig gezeichnet, nicht gerade mit Esprit gesegnet.“ Das Gegenteil ist richtig, der Film ist ein Füllhorn verschiedenster Trickfilmstile und -techniken, und auch dramaturgisch stößt der Film den Zuschauer in ein Wechselbad von albernem Slap-stick über mal mehr mal weniger drastische Erotik bis hin zu für einen Trickfilm recht düsteren und zuweilen brutalen Momenten.
Der legendäre Anime-Begründer Osamu Tezuka, der so berühmte Figuren wie den weisen Löwen „Kimba“ und „Astro Boy“ erfand, trachtete zusammen mit Co-Regisseur Eiichi Yamamoto danach, den japanischen Animationsfilm auch für Erwachsene zu erschließen, schließlich lasen ja auch volljährige Landsleute die in großer Auflage erscheinenden Manga-Hefte. „Kureopatora“ wurde in Japan allerdings ein finanzieller Flop, der der Karriere Tezukas einen empfindlichen Dämpfer verpasste. Um wenigstens einen Teil der Produktionskosten wieder hereinzuholen, wurde der Film in die USA lizensiert, wo er mit einem selbstverliehenen X-Rated-Zertifikat als „first Sex-Cartoon“ unter dem Titel „Cleopatra: Queen of Sex“ in die Kinos kam. In Deutschland orientierte sich der hiesige Verleih dagegen eher am erfolgreich gelaufenen Trickfilm „Asterix und Kleopatra“ und titelte „Cleo und die tollen Römer“. Dass bei der FSK-16-Freigabe der größte Teil des Asterix-Publikums draußen bleiben musste, dürfte das Einspielergebnis allerdings negativ beeinflusst haben.
MMB-TV brachte den Film jetzt in seiner „Kino Trival“-Reihe heraus, ohne die o.g. Rahmenhandlung, und von einer deutschen Kinorolle erstmals in voller Cinemascope-Pracht abgetastet. Bei den Aktwechseln gibt es dabei hin und wieder Verschmutzungen und auch dann und wann kleinere Tonsprünge, generell ist die Bild- und Tonqualität aber als sehr gut einzustufen. Neben dem deutschen Trailer finden sich unter den Extras zwei „Kulturfilme“, von denen der eine, eine Dokumentation von 1982 über die japanische Manga-Industrie, für Fans des Genres sehr interessantes Material beinhaltet. Der andere Film stammt aus den 1960er Jahren und dokumentiert die Rettung ägyptischer Baudenkmäler vor Überflutung durch einen Kanalbau. Das hat zwar wenig mit dem Hauptfilm auf der DVD zu tun, macht aber durch altmodische Gestaltung und Tricksequenzen ebenfalls nostalgischen Spaß. Ein Beileger mit einem kurzen aber informativen Text von Dr. Rolf Giesen rundet das empfehlenswerte Gesamtpaket ab.
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Kureopatora, Japan 1970, Regie: Osamu Tezuka, Eiichi Yamamoto, Deutsche Stimmen: Traudel Haas, Max Eckard, Jürgen Thormann, Tilly Lauenstein, Michael Chevalier u.a.
Anbieter: MMB-TV