Das Raumschiff „Avalon“ ist auf dem Weg zur Kolonie Homestead II. An Bord sind 5000 Passagiere und rund 250 Besatzungsmitglieder. Da die Reise 120 Jahre dauert, befinden sich alle Menschen an Bord im Kälteschlaf und sollen planmäßig erst wenige Monate vor der Ankunft geweckt werden. Aufgrund einer Fehlfunktion wacht der Mechaniker Jim (Chris Pratt) bereits nach 30 Jahren Kälteschlaf auf und findet sich als einziger wacher Passagier auf dem vollautomatischen Schiff, dessen Technik in zunehmendem Maße Fehlfunktionen aufweist. Zudem fordert die Einsamkeit ihren Tribut und nach mehr als einem Jahr, in dessen Verlauf die Unterhaltungen mit dem mechanischen Barkeeper (ein herrlicher Michael Sheen) keinesfalls menschlichen Kontakt ersetzen, steht er vor der Entscheidung zwischen Selbstmord oder dem Aufwecken der Passagierin Aurora (Jennifer Lawrence).
Beim Anschauen des Films kommt man nicht umhin, sich an GRAVITY und THE MARTIAN zu erinnern, bei denen sich die Protagonisten aus ähnlich dramatischen Situationen herauskämpfen mussten. Spannung oder Witz dieser beiden Filme werden hier jedoch nicht erreicht.
Die erste Hälfte ist eine Version von CASTAWAY – diesmal auf einem Raumschiff anstatt auf einer einsamen Insel. Diese Hälfte ist spannend, witzig, traurig und von Chris Pratt stark gespielt. Natürlich weckt er Aurora auf, die beiden verstehen und verlieben sich und natürlich lässt Jim sie darüber im Dunkeln, dass er ihre Kälteschlafkammer sabotiert hat, um seiner Einsamkeit zu entkommen. Dies plaudert ausgerechnet der mechanische Barkeeper aus, was verständlicherweise zu einem Ende ihrer Beziehung und dem Vorwurf seitens Aurora führt, Jim habe sie ermordet.
Bis hierher liefert der Film eine gute Geschichte mit durchaus kontroversen moralischen und ethischen Untertönen, dargeboten von überzeugenden Darstellern in einem wunderbar ausgestatteten, optisch grandios gestalteten SciFi-Spektakel. An dieser Stelle haben dann Autor Jon Spaihts (PROMETHEUS), Regisseur Morten Tyldum (IMITATION GAME) und die Produzenten/das Studio offenbar den Mut verloren, das Ganze konsequent zu Ende zu führen. Statt also eine komplexere, weniger weichgespülte Auflösung zu suchen, fallen hier alle zurück auf altbewährte Lösungen. Action statt Drama und eine Aneinanderreihung von günstigen, aber nicht sonderlich glaubwürdigen Zufällen sorgen dafür, dass am Ende natürlich alles irgendwie gut ausgeht. Und wenn sie nicht gestorben sind…
All das wird sehr unterhaltsam, optisch beeindruckend und mit einer feinen Prise Humor dargeboten; trotzdem wirkt die zweite Hälfte des Film, als ob das Studio hier massiv Einfluss genommen und die Geschichte entschärft habe. Der Auftritt von Laurence Fishburne ist merkwürdig kurz gehalten, von Andy Garcias Rolle ganz zu schweigen. Der Film steht und fällt mit den starken Auftritten von Chris Pratt und Jennifer Lawrence, assistiert von einem gut aufgelegten Michael Sheen, für dessen Barkeeper Arthur wohl Joe Turkels Lloyd, der Barkeeper des Overlook Hotels aus Kubricks SHINING Pate gestanden haben dürfte.
Alles in allem wird man unterhalten, trotzdem bleibt ein schaler Nachgeschmack aufgrund der verpassten Chance, eine mutigere und konsequentere Auflösung anzubieten.
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Passengers, USA 2016 | Regie: Morten Tyldum | Drehbuch: Jon Spaihts | Kamera: Rodrigo Prieto | Musik: Thomas Newman | Darsteller: Jennifer Lawrence, Chris Pratt, Michael Sheen, Laurence Fishburne, u.a. | Laufzeit: 116 Min. (Verleih: Sonie)