2017 wurde der geneigte King-Fan mit einer miesen Verfilmung namens DER DUNKLE TURM bestraft und wenige Monate später mit Teil 1 der ES-Verfilmung beglückt. Parallel dazu hat Netflix ebenfalls zwei King-Werke angeboten: „1922“ und den hier thematisierten GERALD‘S GAME.
Bald bekommt sie Besuch von einem durch die offene Haustür hereinstreunenden Hund, der sich hungrig über Geralds Leiche hermacht und irgendwann Appetit auf etwas Frischeres bekommt. Und – Realität oder Traum? –nachts hat sie noch einen weit unheimlicheren Besucher…
Auch mit GERALD‘S GAME„Gerald’s Game“ erweist sich Flanagan erneut als hochtalentierter Autor/Regisseur, der aus überschaubaren Budgets und begrenzten Schauplätzen ein Maximum herauszuholen weiß.
Kings Roman lebt von vielen inneren Monologen, durch die ein Großteil der Geschichte erzählt wird. Flanagan bedient sich hier eines cleveren Tricks, indem er mit Jessies fortschreitender Entkräftung und Dehydrierung die inneren Stimmen des Buchs als Visionen beider Charaktere erscheinen lässt. Einen gehässigen und herablassenden Gerald und eine starke und ideenreiche Jessie. Gerade diese Szenen und Dialoge sind exzellent geschrieben und gespielt, besonders durch die subtile Unterschiedlichkeit, mit der Gugino beide Jessies darstellt. Überhaupt trägt Gugino den Film auf ihren Schultern und macht sowohl die Verzweiflung angesichts der Situation als auch den erwachenden Überlebenswillen ihrer Figur in jeder Szene glaubhaft. Die filmische Allzweckwaffe Bruce Greenwood ist eine exzellente Wahl als Gegenpart. Nebenbei sieht Greenwood, der seine Rolle fast durchgängig nur in Unterhose absolviert, mit 62 Jahren beneidenswert durchtrainiert aus.
Die Wortwechsel zwischen Jessie und ihren Visionen führen neben diversen Befreiungsversuchen auch zu tieferen psychologischen Verwundungen, die Jessie bereits in der Kindheit erlitten hat. In den entsprechenden Rückblenden überrascht Henry Thomas (E.T.), der für Flanagan schon in OUIJA: ORIGIN OF EVIL auftrat, mit der erstklassigen Darstellung eines ausgesprochen manipulativen Scheißkerls.
Das Finale wirkt ein wenig bemüht, tut aber dem sehr positiven Gesamteindruck nur wenig Abbruch. GERALD‘S GAME reiht sich damit ein in die Reihe der King‘schen Kammerspiele MISERY, „1408“, CUJO oder SHINING. Mike Flanagan wurde übrigens gerade mit der Verfilmung des SHINING-Sequels DOCTOR SLEEP beauftragt. Man darf gespannt sein.
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Gerald‘s Game, USA 2017 | Regie: Mike Flanagan | Drehbuch: Mike Flanagan, Jeff Howard nach dem Roman von Stephen King | Musik: The Newton Brothers | Kamera: Michael Fimognari | Schnitt: Mike Flanagan | Mit: Carla Gugino, Bruce Greenwood, Henry Thomas, Carel Struycken, Chiara Aurelia, Kate Siegel | Laufzeit: 103 Min.