Nach einem schrecklichen Zwischenfall, bei dem ihre gesamte Familie getötet wird, wacht die junge Danielle Moonstar (Blu Hunt – ANOTHER LIFE) in der von Dr. Cecilia Reyes (Alice Braga – I AM LEGEND) geleiteten Anstalt auf. Hier soll angeblich jungen Mutanten die Kontrolle über ihre besonderen Fähigkeiten beigebracht werden, damit sie keine Gefahr für sich selbst und die Allgemeinheit darstellen. Danielle lernt kurze Zeit später auch ihre Mitpatienten Rahne (Maisie Williams – GAME OF THRONES), Illyana (Anya Taylor-Joy – THE VVITCH), Sam (Charlie Heaton – STRANGER THINGS) und Roberto (Henry Zaga – 13 REASONS WHY) kennen, die ebenfalls an der Verfeinerung ihrer Talente arbeiten sollen. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass es sich hier nicht um Professor Xaviers sonnige Mutantenschule handelt, sondern dass hier gefährliche Experimente an den Insassen durchgeführt werden. Und so müssen sich die jungen Mutanten bald verbünden, um einen Ausweg aus ihrem lebensgefährlichen Gefängnis zu finden.
Nach endlosen Verzögerungen seitens des produzierenden Studios Twentieth Century Fox und einer letzten coronabedingten Verschiebung im März, hat Disney nun tatsächlich das bereits 2017 fertiggestellte, vorerst letzte Kapital der X-Men Serie in die Kinos gebracht. Und gleich vorweg muss ich leider sagen, dass sich das Warten nicht gelohnt hat, erscheint doch das Ergebnis eher wie der halbgare Pilotfilm einer mittelmäßigen TV-Serie. Die Geschichte ist weit weniger originell und weit weniger unheimlich, als ich anhand des Trailers erwartet hatte. Vielmehr fühlt es sich an, als wäre der Film Ende der 80er Jahre entstanden, erinnert er doch von der Konstellation der Charaktere an Teeniefilme wie THE BREAKFAST CLUB und zeigt eine Geschichte, die mich fatal an NIGHTMARE ON ELM STREET 3 – DREAM WARRIORS oder SHUTTER ISLAND erinnerte, in denen die schlimmsten Ängste der Protagonisten tödliche Gestalt annehmen. Die Tatsache, dass die fünf Jungmutanten zwischendurch Folgen von BUFFY schauen, unterstreicht diesen Eindruck.
Das Setting innerhalb der Anstalt ist hübsch gemacht, allerdings wirkt es schon ziemlich unglaubwürdig, dass unsere potentiell brandgefährlichen Helden Tag und Nacht von einer einzigen Ärztin, übrigens ebenfalls eine Mutantin, beaufsichtigt werden und ansonsten keinerlei Personal vor Ort ist. Die Therapiesitzungen, die zur besseren Kontrolle der besonderen Fähigkeiten führen sollen, sind lächerlich banal und allerhand Einblendungen der Computerüberwachung wirken ebenfalls aus der Zeit gefallen. Neben solchen Dingen bleibt auch zu viel unerklärt, die Charaktere sind nicht tief genug entwickelt, auch wenn man über Rückblenden und Träume einiges aus der Vergangenheit der Jugendlichen erfährt.
Insgesamt ist hier trotz der kurzen Laufzeit alles recht zäh erzählt und das Finale ist weit weniger furios als erhofft. Das überrascht, hat Regisseur und Co-Autor Josh Boone sich doch mit seinem Erstling DAS SCHICKSAL IST EIN MIESER VERRÄTER als sehr empathisch und unterhaltsam erwiesen. Davon ist hier leider wenig zu spüren. Bestenfalls entlockt Boone seiner Besetzung gute Leistungen, wobei die sonst sehr verlässliche Anya Taylor-Joy erst in der zweiten Hälfte überzeugen kann. Das oberzickige Gehabe der ersten Hälfte wirkt einfach zu forciert und grenzt stellenweise an grobe Übertreibung. Die beste Leistung liefert hier Charlie Heaton als menschliche Kanonenkugel ab.
Positiv anzumerken ist die Tatsache, dass Boone in seinem Film eine recht inklusive Darstellerriege versammelt hat, seine Heldinnen eine feministische X-Men Variante darstellen und auch eine lesbische Liebesgeschichte enthalten ist. Gute Intentionen sorgen jedoch nicht zwangsläufig für einen guten Film. Was nach dem überproduzierten Langweiler APOCALYPSE und dem wenig unterhaltsamen DARK PHOENIX ein ungewöhnlicher Abschluss der Reihe hätte werden können, ist leider nur marginal besser als seine beiden Vorgänger. Insofern ist es wahrscheinlich gut, dass die X-Men nun erstmal ein paar Jahre Ruhe haben werden, bis die Marvel Studios, die nach dem Kauf von Fox durch Disney nun wieder über die Rechte verfügen, über deren weitere Verwendung entscheiden.
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The New Mutants | USA 2020 | Regie: Josh Boone | Darsteller: Maisie Williams, Anya Taylor-Joy, Charlie Heaton, Alice Braga, Blu Hunt, Henry Zaga, Happy Anderson u.a.
Verleih: Twentieth Century Studios/Disney.