Schon nach wenigen Sekunden des bildgewaltigen Vorspanns ist eines klar: dieses Genre weiß noch immer zu überraschen, im Kaiju geht es wieder mal zu Sache. Wenn sich Akira Ifukubes signifikanter, ohrwurmtauglicher Godzilla-Marsch erhebt und dem schwerfälligen Monster die Bahn mit Generalbass pflastert, geraten Fans und Freunde in Verzückung. Bühne frei für ein Opus Magnum, DIE BRUT DES TEUFELS.
Wer dachte, Mechagodzilla hätte es zuvor in tausend Teile zerbröselt, irrte gewaltig: gemeinsam mit dem verrückt gewordenen und an der Menschheit für seine Ausgrenzung Rache nehmen wollendem Dr. Mafune, trachten Außerirdische nach der Weltherrschaft. Dass sich ein junger Wissenschaftler in Mafunes Tochter verguckt, die darüber hinaus als Cyborg auch noch die Befehlsgewalt über den Mechagodzilla hat und somit zur Staatsfeindin Nr. 1 wird, und sich der Titanosaurus aus den Fluten der japanischen See erhebt, machen das Chaos perfekt – Tokio droht in Schutt und Asche gelegt zu werden. Doch zwischen den Wolkenkratzern der Metropole werden lange Schatten sichtbar: Godzilla, die letzte Hoffnung der Menschen, stellt sich dem Monsterduo in den verwüsteten Weg. Es ist nicht weniger als der finale Kampf einer Legende!
Die Voraussetzungen waren denkbar ungünstig: für die Qasi-Fortsetzung zu KING KONG GEGEN GODZILLA (1974) stapelte dem Produzenten Tanaka erst sein langjähriger Drehbuchautor Sekizawa einen Satz Tatami-Matten vor die Tür, mit dem zunächst vorgesehen Regisseur Banno verband Tanaka ‚dank‘ dessen Öko-Kaiju FRANKENSTEINS KAMPF GEGEN DIE TEUFELSMONSTER (1971) auch eher ungute Erfahrungen. Was also tun? Wie es der Zufall wollte, ließ sich der legendäre Godzilla-Miterfinder Ishirō Honda erweichen und brachte auch gleich noch eine Idee mit: warum das Drehbuch nicht per Zeitungswettbewerb ermitteln lassen? Yukiko Takayama, erst- und einmalig eine Frau als Storylieferant, machte das Rennen und lieferte eine Geschichte, die sich im Gegensatz zu den Vorgängerfilmen wieder mehr mit den menschlichen Schicksalen rund um die Monsteraction befasste. Dass es wiederum Außerirdische sein mussten, die versuchen die Welt zu zerstören, klang zwar etwas altbekannt, doch dank Hondas Regie entwickelte sich DIE BRUT DES TEUFELS noch einmal zu einem kleinen Höhepunkt der Monsterfilme.
Generell durfte die Inszenierung mehr Strenge und Härte auffahren, drehte das Kindgerechte der Fukuda-Werke zugunsten einer stringenten und dramatischen Handlung in den Hintergrund. Neben der tragischen Figur der hin- und hergerissenen Cyborg-Tochter und den verstärkt düsteren Schauplätzen, zeigte Honda auch in den Monsterinszenierungen seine große Klasse, die speziell den düsteren und fatalistischen Eindruck erhöhte. Dass der Bodycount ungleich höher ausfiel, war da nicht vermeidbar und speziell der Schlusstwist ließ für die Protagonisten eine Tragik aufkommen, die man im japanischen Monsterfilm schon länger nicht mehr gesehen hatte. Dass das Auditorium diese Neuausrichtung damals nicht honorierte – der Film, der nicht mehr bei der Constantin, sondern im A.B.-Verleih des Softsexproduzenten Alois Brummer erschien, machte die schlechtesten Kassen der Shōwa-Staffel – und die Reihe an diesem Punkt nicht weitergeführt wurde, ist auf ewig schade, sagt jedoch dankenswerterweise nichts über die Qualität des Streifens aus.
Anolis legt mit dieser Veröffentlichung einen weiteren Teil seiner beispielhaften Kaiju-Collection vor. Das wertig-massive Metalpack fasst wiederum zwei DVDs, wobei die erste Scheibe neben der ungekürzten, mit hervorragender Bildqualität gesegneten japanischen Kinofassung (sowohl mit Originalton als auch der deutschen Synchronisation) sowohl einen wie immer höchst informativen und launisch vorgetragenen Audiokommentar des unterhaltsamen Gespanns Jörg Buttgereit und Alex ‚Dr. Monkula‘ Iffländer, als auch einen weiteren Audiokommentar von Florian Bahr und Ivo Scheloske enthält. Der japanische und türkische Trailer, der englische Werberatschlag sowie eine umfangreiche Bildergalerie mit japanischen und internationalen Motiven runden diese DVD ab.
Auf der zweiten Scheibe findet sich die separat abgetastete und remasterte, im Gegensatz zu vielen Vorgängern ungekürzte, deutsche Kinofassung mit zeittypischer Synchro (die mit Sprechern wie Leo Bardischewski, Michael Cramer, Manfred Schott, Horst Naumann, Hans Michael Rehberg oder Werner Abrolat realisiert wurde). Weiterhin enthalten sind Kinotrailer, die deutsche Super 8-Fassung, der deutsche Werberatschlag sowie eine Bildergalerie mit deutschen Aushangfotos und Plakaten. Ein kenntnisreiches und bunt bebildertes, zwanzigseitiges Booklet von Ingo Strecker – dem außerdem der zweite Teil eines Buttgereit-Interviews mit dem Spezialeffektemeister ‚Mister Explosion‘ Teruyoshi Nakano angehängt ist – beschließt das opulente Paket, das kaum Wünsche offen lassen und von den Fans sicher honoriert werden dürfte! Außerdem ist auch bei dieser Edition wieder ein Gutschein enthalten, der bei Erscheinen einer eventuellen Blu-ray des Films dem Käufer einen signifikanten Preisnachlass gestattet – das ist transparent und vorbildlicher Dienst am Kunden!
Der letzte Film der Shōwa-Reihe, die letzte alleinige Regiearbeit von Ishirō Honda – last, but definitely not least. DIE BRUT DES TEUFELS wirft ein letztes Mal den Suitmotion-Hut in den Ring und lässt Godzilla als ewigen Sieger vom Platz gehen. Als krönendem Abschluss einer der wichtigsten Filmreihen des „silver age“ – zumindest im fernöstlichen Bereich, mit Breitenwirkung in die westliche Kultur – sollte man in der vorliegenden Veröffentlichungsform GODZILLA UND DEM KAMPF DER TITANEN einen Platz in seinem Herzen freimachen.
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Mekagojira no gyakushū, Japan 1975, R: Ishirō Honda, D: Katsuhiko Sasaki, Tomoko Ai, Akihiko Hirata, Katsumasa Uchida, Gorō Mutsumi, Kenji Sahara
Anbieter: Anolis Entertainment