Schon vor zwei Jahren sollte DRACULA UNTOLD (mit Luke Evans) die klassischen Monster des Universal Studios für ein modernes Publikum aufbereiten. Doch der Versuch, ein „Monsters Universe“ zu schaffen, scheiterte grandios. Im zweiten Anlauf für einen Monster-Reboot heißt die Chose nun „Dark Universe“, doch das Ergebnis ist noch viel verheerender: DIE MUMIE ist der vielleicht bekloppteste Film des Jahres…
So geht’s los: Bei Bohrarbeiten für die Londoner U-Bahn wird ein riesiges Grabgewölbe freigelegt, das die Kreuzritter im Jahre 1127 nach Christus versiegelt hatten. Eine ebenso sensationelle Entdeckung passiert gleichzeitig im irakischen Wüstensand: Nick und Vail, zwei naive US-Soldaten, die lieber Schatzjäger spielen, entdecken eine monumentale ägyptische Totenstätte. Doch die blonde Archäologin Jennifer Halsey weiß es besser: Dies ist kein Grabmal, sondern ein Gefängnis!
Prinzessin Ahmanet, die sich vor 5000 Jahren mit dem abgrundtief Bösen verbündete, sollte nie wieder freikommen. Doch genau dafür sorgt nun Tölpel Nick! Fortan ist Nick für Ahmanet der Auserwählte: Sie will ihn lieben und töten, um aus seiner menschlichen Hülle den Gott der Todes auferstehen zu lassen – man nennt ihn Seth oder auch Satan… Nick spürt die Macht, die Ahmanet plötzlich über ihn hat, aber er kann ihr noch widerstehen. Erst als das US-Militär den Sarkophag nach England überführt und Ahmanet freikommt, gerät Nick ernstlich in Gefahr…
Ein Mann zwischen zwei Frauen: der blonden Archäologin Jennifer, die aber blöderweise Fremdwörter wie „Hieroglyphen“ kennt, was ihm echt zu hoch ist. Und der extrem verführerischen Prinzessin Ahmanet, mit der er sich schon vereinigt sieht und prima Ägyptisch reden kann? Wer also macht das Rennen? Oder lernt Hohlbirne Nick noch irgendwann dazu? Und wieso ist das alles nicht wirklich eine Alternative? Na, weil Nick und Jenny das Vergnügen bereits einmal in Bagdad hatten…
Dass DIE MUMIE solch ein Trauerspiel geworden ist, hängt auch damit zusammen, dass sich Tom Cruise nicht wirklich traut, den Simpel zu geben, der er hier eigentlich ist. Er tappt nicht nur Ahmanet in die Falle, sondern lässt sich auch von seinem untoten Kollegen und besten Freund Vail gehörig aufs Glatteis führen. Nick und seine Begriffsstutzigkeit hätten völlig genügt, um den Humoranteil im Film hoch zu halten, stattdessen werden eifrig Zombies bemüht, die zum Vergnügen des Publikums gleich dutzendweise weggeklatscht werden. Und die englischen Zombies, die immerhin noch nicht so lange tot sind wie die ägyptischen, erweisen sich obendrein als patente Taucher! Auch 890 Jahre nach ihrer Beisetzung haben sie nicht vergessen, was sie für das Seepferdchen-Abzeichen gelernt haben.
Nein, Tom Cruise ist nun mal der Held, und deshalb kennt er auch das Geheimrezept, das gegen jedwede Form von Unbill hilft, seien es nun antike Flüche, böse Götter, mythische Halbwesen oder echte Monster. Die Antwort heißt: eine ordentliche Tracht Prügel! So kloppt sich der Herr mit Prinzessin Ahmanet, mit Dr. Jekyll, dessen Bodyguards und vielen, vielen Zombies ’rum. Wobei er natürlich auch viel einstecken muss: Gerade Ahmanet schleudert ihn in einer Tour durch die Topografie, dass man meint, einem verkappten Superheldenfilm beizuwohnen.
Vielleicht wäre DIE MUMIE das auch ganz gerne gewesen, aber eigentlich will man doch die grandiose Horrorfilm-Historie des legendären Universal-Studios wiederbeleben, das alle klassischen Monster schuf – Dracula, Frankenstein, das Phantom der Oper, der Werwolf, oder eben die Mumie, nämlich schon 1932 im legendären Film mit Boris Karloff. All diese Filme wussten noch, wie man sein Publikum anständig gruselt – mit Psychologie, mit Atmosphäre, mit schleichendem Grauen. Entsprechende Filmemacher gibt es auch heute, doch sie arbeiten nicht für Universal. Was hätte zum Beispiel ein Guillermo del Toro aus dem Stoff gemacht! Hier dagegen gibt es Actionprofis, Drahtseilartisten – und einen Hauptdarsteller, der in einer entscheidenden Sequenz vor allem seine knackige Physis präsentiert (die vielleicht ähnlich gefaket ist wie ein paar auffallend jung wirkende, möglicherweise digital veränderte Porträteinstellungen von Mr. Cruise).
Aber Muskelberge haben in einem Horrorfilm noch nie Eindruck geschunden, Monster fürchten sich gewöhnlich nicht vor trainiertem Fleisch, sondern vor der Offenbarung ihrer dunklen Seele. Tom Cruise befindet sich ganz einfach im falschen Film. Als Ethan Hunt in MISSION: IMPOSSIBLE oder als Jack Reacher kann er sprinten, jagen, fighten wie er will, aber eine mythische Prinzessin im persönlichen Duell auszuknocken, ist einfach armselig. Die Dame lässt ihm zwar kaum eine andere Wahl, aber gescheite Drehbuchautoren hätten sich mehr einfallen lassen als sämtliche Konflikte mit der Faust auszutragen.
Schade um die wenigen guten Ideen, die es trotz allem gibt, vor allem die Nekropolis im Irak ist wunderbar unheimlich. Auch der Absturz der Hercules-Maschine ist im Innern ganz spannend, doch stört in der Außenansicht der Computergame-Look. Völlig vergurkt ist schließlich das Finale, in dem Prinzessin Amaneth den Sand Ägyptens nach London ruft: Das sieht ein bisschen nach den mörderischen Staubwolken von 9/11 aus, vor allem aber nach digitaler Pixelscheiße.
So flach wie der ganze Film ist übrigens auch die 3D-Konvertierung. Der sogenannte 3D-Effekt zeigt, dass die Produzenten ihr Publikum nicht einfach nur verarschen, sondern es wirklich hassen.
Erschienen im TV Spielfilm Blog.
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The Mummy, USA 2017 | Regie: Alex Kurtzman | Drehbuch: David Koepp, Christopher McQuarrie, Dylan Kussman | Kamera: Ben Seresin | Musik: Bryan Tyler | Mit: Tom Cruise, Sofia Boutella, Annabelle Wallis, Russell Crowe, Jake Johnson, Javier Botet, Courtney B. Vance, u.a. | Laufzeit: 110 Min. (Verleih: UIP)