PREDATOR: UPGRADE ist besser als AVP: REQUIEM. Das einmal vorweg geschickt…
Der Scharfschütze Quinn McKenna (Boyd Holbrook – NARCOS) und sein Team sollen einige Kidnapper bei einer Geiselübergabe ausschalten, als die Operation durch ein abstürzendes Raumschiff gestört wird. Der Pilot, ein Predator, schaltet innerhalb weniger Minuten McKennas Team aus, doch McKenna kann ihn verletzen und entkommen, nicht ohne vorher ein paar Teile der Predator-Ausrüstung eingesteckt zu haben.
Diese Teile schickt er an sein heimatliches Postfach, doch da er die Rechnung nicht bezahlt hat, liefert der Postbote den Karton an McKennas autistischen Sohn Rory (Jacob Tremblay – ROOM). Der setzt die Alien-Technologie in Gang, was einen weiteren Predator aus dem All anlockt, der sich auf der Suche nach dem abgestürzten Raumschiff befindet.
Derweil ist McKenna von einer undurchsichtigen Organisation unter der Leitung des ultracoolen Traeger (Sterling K. Brown – THIS IS US) geschnappt und verhört worden. Traeger und seine Leute haben einen lebendigen Predator gefangen, der von der Biologin Bracket (Olivia Munn – X-MEN: APOCALYPSE) untersucht werden soll. Währenddessen soll McKenna zusammen mit einigen PTSD-geschädigten Marines abtransportiert werden, als sich der Predator aus dem Labor befreien kann. McKenna erkennt schnell, dass nun eine Jagd auf seinen Sohn und die Teile der Predator-Technologie beginnt, also macht er sich mit seiner zusammengewürfelten Truppe auf, um die Aliens unschädlich zu machen.
1987 schuf John McTiernan mit PREDATOR einen Klassiker, der mich seinerzeit aus dem Kinosessel geblasen hat und der bis heute auf einen würdigen Nachfolger wartet. Leider werden wir weiter darauf warten müssen, denn was Regisseur Shane Black (THE NICE GUYS, IRON MAN 3) zusammen mit seinem Co-Autor Fred Dekker (ROBOCOP 3) hier abliefert, ist eine Art blutig-brutaler Buddy-Komödie mit außerirdischen Großwildjägern, die auch ihre Apportierhunde mitgebracht haben. Das liest sich nicht nur albern, das ist es leider auch und würde eher zur Stimmung des gemeinsamen 87er Black & Decker-Projekts THE MONSTER SQUAD passen als zu einem Predator-Sequel.
Der Film ist angemessen blutig und brutal und keiner der heute üblichen kastrierten „frei ab 12“-Filme. Hier rollen Köpfe, Gedärme tropfen aus durchtrennten Körpern, Rückgrate werden aus Körpern gerissen. Alles sehr anschaulich und professionell dargeboten. Shane Black hat allem sonstigen Schwachsinn zum Trotz rasant und kurzweilig inszeniert, hat kompetente Effekte eingekauft und den einen oder anderen gelungenen Oneliner geschrieben. Olivia Munn als Bracket steht den Kerlen in nichts nach, ist also alles andere als eine hilflose Beigabe zum Augenschmaus der männlichen Zuschauer. Gleiches gilt für die kurzen Auftritte von Yvonne Strahovski (THE HANDMAID‘S TALE) als McKennas Frau.
Sterling K. Brown ist großartig als eiskalter Anführer, der über Leichen geht und Jacob Tremblay hat eine der seltenen Kinderrollen, die nicht als nervtötendes Gör endet. Auch Trevante Rhodes (MOONLIGHT) überzeugt.
Alan Silvestris klassischer Score funktioniert auch heute noch hervorragend, auch wenn er komischerweise hier seinem Komponistenkollegen Henry Jackman (CAPTAIN AMERICA: THE WINTER SOLDIER) zugeschrieben wird. Die komödiantische Tonlage und die endlose Folge von Onelinern funktionierte ungefähr ab der sechsten Minute nicht mehr, zumal 2/3 der Sprüche sich als plumpe Rohrkrepierer erweisen. Die ständigen Witzchen führen außerdem dazu, dass der Film keine Sekunde lang bedrohlich ist.
John McTiernan hat 1987 bei exakt gleicher Laufzeit ein Meisterstück an Spannungs- und Actiondramaturgie abgeliefert, während Black in seinen 107 Minuten zwar das Dreifache an Action unterbringt, dafür aber jeden Funken Spannung und jedes Gefühl der Bedrohung über Bord gehen lässt. Zog McTiernan damals langsam, aber unerbittlich die Spannungsschraube an, ballert Shane Black hier quasi ab der ersten Minute aus vollen Rohren los. So ist der Film zwar sehr rasant, bleibt aber mehr oder weniger durchgängig auf einem auf Dauer abstumpfenden Level. Die überkomplizierte Story hilft da auch wenig und trotz aller Action ist der Film seltsam langweilig.
Waren die Protagonisten im Original allesamt echte „Typen“, versucht Black hier vergeblich seine Pappkameraden durch ihre diversen PTSD-Ticks zu charakterisieren. Damit sorgt er allerdings eher für Mitleid mit guten Darstellern wie Thomas Jane (1922) oder Keegan-Michael Key (THE DISASTER ARTIST), die hier albern verheizt werden. Eine der Stärken des Originals ist die Tatsache, dass die harten und kriegserprobten Typen um Arnold Schwarzenegger und Carl Weathers im Verlauf des Films wirklich Angst hatten vor dem getarnten Angreifer. Hier ist das Auftauchen des Predators lediglich die Vorlage für eine weitere Serie dummer Sprüche und allgemeine Belustigung.
Die Brutalität des Films ist einerseits erfreulich, da sich die PREDATOR-Reihe für kindgerechte Entschärfungen schlicht nicht eignet. Andererseits wird das allgemeine Sterben hier so nebensächlich abgehandelt, dass es auch in all seiner Blutigkeit keinerlei bleibenden Eindruck hinterlässt. Und von den Predator-Jagdhunden will ich gar nicht erst anfangen…
Auch technisch ist nicht alles auf der Höhe. Die Kameraführung von Larry Fong (SUPER 8) ist oft „zu nah dran“ und der Schnitt ist mitunter arg hektisch, so dass hier und da schon mal die geografische Orientierung verloren geht. Außerdem erweckt der Film einen zusammengestückelten Eindruck, die Szenenanschlüsse sind zum Teil schlampig, manche Szene führt ins Nichts. Schuld daran mögen die ausgiebigen Nachdrehs sein, die aufgrund schlechter Testvorführungen durchgeführt wurden.
Meiner Ansicht nach hat Black erschreckend missverstanden, warum das Original so perfekt funktionierte. Der komödiantische Einschlag ist vollkommen fehlgeleitet, die Charaktere sind einem als Zuschauer vollkommen gleichgültig, die Brutalität hat keine tiefere Wirkung und Spannung sucht man leider vergebens.
Die Einführung einer Waffe, die in einem erhofften Sequel Verwendung finden dürfte, ist dann nur das plumpe I-Tüpfelchen auf einer insgesamt überaus enttäuschenden Schlachtplatte.
Kurz gesagt: Als Fan der Serie sollte man einen großen Bogen um diesen Film machen und stattdessen das Original aus dem Regal holen und sich damit einen schönen Abend vor dem Fernseher machen. Denn dieses Sequel ist ein ernsthaftes Downgrade.
PREDATOR 2 kam 1991 nicht sonderlich gut an. Ja, die Story war vielleicht nicht der Knaller und das Verlegen des Schauplatzes in den Großstadtdschungel vielleicht auch nicht die klügste Entscheidung, aber was gute Action und Spannung betrifft, steckt Stephen Hopkins Nachfolger dieses „Upgrade“ locker in die Tasche und bleibt für mich daher weiterhin der zweitbeste PREDATOR.
Was zum Teufel macht eigentlich John McTiernan heute?
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The Predator, USA 2018 | Regie: Shane Black | Drehbuch: Shane Black, Fred Dekker basierend auf Charakteren von Jim Thomas und John Thomas | Musik: Henry Jackman, Alan Silvestri | Kamera: Larry Fong | Schnitt: Harry B. Miller III, Billy Weber | Production Design: Martin Whist | Produktion: John Davis | Darsteller: Boyd Holbrook, Trevante Rhodes, Jacob Tremblay, Olivia Munn, Sterling K. Brown, Keegan-Michael Key, Thomas Jane, Alfie Allen, Yvonne Strahovsky, Jake Busey, Augusto Aguilera | Laufzeit: 107 Min.