THE EYES OF MY MOTHER, das Regiedebüt von Autor und Regisseur Nicolas Pesce (PIERCING), ist eine leicht beunruhigende, wenn auch nicht sonderlich gruselige Stilübung, bei der eindeutig der Wert mehr auf Stil als auf Substanz liegt. Die in drei Kapitel (Mutter, Vater, Familie) unterteilte Geschichte dreht sich um das Mädchen Francisca (als Kind Olivia Bond und als Erwachsene Kika Magalhaes), ein schüchternes Kind, das mit seiner Mutter (Diana Agostini – DER PATE 3), einer ehemaligen portugiesischen Augenärztin, und seinem Vater (Paul Nazak) ein ziemlich isoliertes Dasein auf einer abgelegenen Farm führt. Weder Mutter noch Tochter scheinen Kontakt zur Außenwelt zu haben und der Tagesablauf besteht aus Hausarbeit und verschiedenen Lektionen über Anatomie, bei denen die Mutter auf ihre Erfahrungen als Augenärztin zurückgreift.
Pesces Film zeichnet sich weder durch besondere Spannung aus, noch wird er Freunde von Blut und Gedärm auch nur ansatzweise zufrieden stellen können. Trotz der kurzen Laufzeit von 76 Minuten, wird gewiss mancher Zuschauer auch eine gewisse Ungeduld verspüren. Genießern von Atmosphäre und Stimmung sowie Fans der Interpretation von Filmsprache und Symbolik wird Pesces Werk erheblich mehr Freude bereiten, badet der Film doch geradezu in Zack Kupersteins (JONATHAN) satten Schwarzweißbildern, gemäldeartig statischen Einstellungen und diversen kunstvoll gestalteten Plansequenzen und Drohnenaufnahmen aus der Vogelperspektive, zurückhaltend untermalt von Ariel Lohs sparsamem Score.
Tatsächlich beunruhigend ist die großäugige Unschuld und tänzerische Eleganz, mit der Kika Magalhaes die Rolle der Francisca füllt. Eine erwachsene Frau mit kindlichem Empfinden und der Sehnsucht nach Familie. Das führt an mancher Stelle zu leicht nekrophil wirkenden Szenen mit dem zwar verstorbenen, aber von Francisca nach wie vor wie ein lebendes Familienmitglied behandelten Vater. Wobei sich beim fortgeschrittenen Alter der Eltern eh schon anfangs die Frage stellt, ob die beiden überhaupt Eltern eines zu Filmbeginn achtjährigen Mädchens sein können.
Pesce hat unbestreitbar Talent und ein Auge für eindrucksvolle Bildkompositionen, daher bin ich gespannt auf seine nächsten Werke. Die Disc kommt in einem stabilen Pappschuber mit Original-Artwork und enthält neben einem informativen sechzehnseitigen Booklet zum Thema Gothic Horror noch folgendes Bonusmaterial: ein Audiokommentar mit Regisseur Nicolas Pesce, ein Interview mit Nicolas Pesce, eine Behind-the-Scenes-Galerie sowie das Musikvideo „Out of Touch“.
Besonders das ausführliche Interview mit dem ausgesprochen sympathisch erscheinenden Pesce ist dabei besonders interessant in seinen Erklärungen, wie mit kleinem Budget so viel erreicht wurde, wie viel Anteil die Darsteller an der Geschichte hatten und mit welchen optischen Tricks gearbeitet wurde, um die traumartige Atmosphäre zu erschaffen.
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The Eyes of My Mother | USA 2016 | Regie: Nicolas Pesce | Darsteller: Diana Agostini, Kika Magalhaes, Will Brill, Flora Diaz u.a.
Anbieter: Bildstörung