Adaptionen von Stephen Kings Romanen sind eine zwiespältige Angelegenheit. Diese sind von höchst unterschiedlicher Qualität, die von Highlights wie CARRIE, SHAWSHANK REDEMPTION oder GERALD´S GAME bis hin zu „Gurken“ wie MAXIMUM OVERDRIVE oder THE MANGLER reicht. Cronenbergs THE DEAD ZONE gehört eindeutig zur ersten Kategorie und ist zudem ein eher ungewöhnlicher Film für den Regisseur von Body-Horror-Klassikern wie SHIVERS, DIE BRUT, SCANNERS oder DIE FLIEGE. Handelt es sich hier doch mehr um ein psychologisches Politdrama denn um blanken Horror…
Johnny Smith (Christopher Walken), ein junger Lehrer in der Kleinstadt Castle Rock, Maine, verbringt mit seiner Freundin Sarah Bracknell (Brooke Adams) einen Tag auf dem Rummelplatz, als er plötzlich von heftigen Kopfschmerzen geplagt wird. Nachdem er Sarah nach Hause gebracht hat, kollidiert sein Wagen auf dem Heimweg mit einem Truck. Johnny erwacht in der neurologischen Klinik von Dr. Sam Weizak (Herbert Lom) und erfährt, dass er fünf Jahre im Koma lag und Sarah inzwischen mit einem anderen Mann verheiratet ist. Johnny entdeckt außerdem, dass er durch den Unfall offenbar die Fähigkeit erhalten hat, bei Berührung anderer Menschen deren Zukunft sehen und sogar verändern zu können. So sieht er, dass im Hause einer Krankenschwester Feuer ausgebrochen ist und die Tochter in Lebensgefahr ist. Die alarmierte Feuerwehr rettet die Tochter in letzter Sekunde.
Weitere ähnliche Vorkommnisse sorgen dafür, dass die Presse von seinen Fähigkeiten erfährt. Nach einem Eklat während einer Pressekonferenz in der Klinik zieht Johnny zurück zu seinem Vater. Dort sucht ihn Sheriff George Bannerman (Tom Skerritt) auf, der sich von Johnny Hilfe bei der Aufklärung einer Mordserie verspricht. Johnny lehnt zunächst ab, ändert jedoch nach einem Besuch von Sarah seine Meinung. Nach der Berührung von Beweismitteln hat Johnny tatsächlich eine Vision des Killers, die zur Lösung des Falles führt. Um dem erneuten Presserummel zu entkommen, zieht Johnny um und arbeitet als Nachhilfelehrer für den Sohn des Millionärs Roger Stuart (Anthony Zerbe), der den Politiker Greg Stillson (Martin Sheen) bei dessen Präsidentschaftskandidatur unterstützt. Bei einer Wahlkampfveranstaltung, bei der Johnny auch die als Wahlkampfhelferin arbeitende Sarah wiedertrifft, schüttelt er Stillson die Hand. Die daraus entstehende Vision offenbart eine schockierende Zukunft, die Johnny in ein Dilemma stürzt. Soll er der Zukunft ihren Lauf lassen oder soll er eingreifen?
Cronenberg und sein Autor Jeffrey Boam (LETHAL WEAPON 2 & 3) haben Kings Vorlage von allem für eine Verfilmung unnötigen Ballast befreit und sich auf die zentrale Geschichte konzentriert. Das kommt dem Film zugute, der wie eine gut geölte Maschine ohne Umwege oder Rückblenden auf seinen Höhepunkt zusteuert. Dabei steht und fällt die Glaubwürdigkeit der Geschichte mit seinem wunderbaren Hauptdarsteller Christopher Walken, der hier sehr zurückgenommen, aber mit viel Empathie die Tragik eines unfreiwilligen Helden nachvollziehbar macht, der einen hohen Preis für eine Macht zahlen muss, die er sich nie gewünscht hat.
Walken ist dabei umgeben von einer durchweg exzellent agierenden Darstellerriege, allen voran Brooke Adams und Herbert Lom, deren Schlüsselcharaktere maßgeblich für den Ausgang des Films sind. Bemerkenswert ist auch Martin Sheen in der Rolle eines großmäuligen populistischen Demagogen, der aus heutiger Sicht wie eine Blaupause für den aktuellen US-Präsidenten wirkt und dessen absolutes Gegenteil Sheen in seiner Rolle als Präsident Bartlett im Serienklassiker THE WEST WING spielte.
Cronenberg inszeniert mit ruhiger und sicherer Hand, sein Stamm-DP Mark Irwin liefert kühle Bilder aus dem eisigen kanadischen Winter, Drehort war die Provinz Ontario, die Cutter Ronald Sanders in gewohnter Präzision montiert hat. Der Neuzugang im eingespielten Team, Komponist Michael Kamen (X-MEN), der auf Betreiben des Studios engagiert wurde, hat sich offenbar vorher allerhand Scores aus Cronenbergs früheren Werken angehört, denn er hat den Film mit dem besten Howard-Shore-Score vertont, der nicht von Howard Shore komponiert wurde.
Herausgekommen ist ein ruhiger, teilweise ergreifend tragischer Politthriller mit übersinnlichem Einschlag, der ein paar spannende moralische Fragen stellt, die in der Ära Trump durchaus neue Aktualität erhalten. Für mich eine der besten King-Adaptionen, eine der besten Rollen von Christopher Walken und eine der besten Regiearbeiten von David Cronenberg.
DEAD ZONE ist nun bei Koch Media in einer exzellenten Blu-ray-Edition erschienen. Neben einer sehr umfangreichen Bildergalerie und dem Trailer findet sich ein fundierter Audiokommentar der angesehenen Filmhistoriker Stephen Jones und Kim Newman. Diese Blu-ray ist die beste Möglichkeit, um den Film zu erleben.
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The Dead Zone | Kanada 1983 | Regie: David Cronenberg | Darsteller: Christopher Walken, Martin Sheen, Brooke Adams, Tom Skerritt, Herbert Lom, Anthony Zerbe, Nicholas Campbell, Colleen Dewhurst u.a.
Anbieter: Koch Media