Die schwedische Journalistin Nina ist ein Recherche-Ass, diskret und selbstbewusst. Trotzdem ist sie als Freelancerin nur mäßig erfolgreich. Bis ihr ein Unbekannter einen Tipp gibt und sie einen Scoop landet, der zum Sturz des Außenministers führt. Postwendend bekommt sie von dessen charismatischem Nachfolger Jacob Weiss einen Job als Pressesprecherin in der schwedischen Regierung angeboten.
Sie macht ihre Arbeit gut, merkt aber bald, dass sie niemandem trauen kann: Alle Menschen um sie herum, selbst im privaten Umfeld, verfolgen mit ihren Handlungen verdeckte Strategien. Auch ihr Chef, dem sie immer näher kommt, scheint keine saubere Weste zu haben. Ihre Kollegen beobachten sie mit Misstrauen, und der Informant, der ihre Karriere angestoßen hat, fordert eine Gegenleistung. Alles scheint verwoben zu sein mit einem aufziehenden Konflikt zwischen Schweden, das gerade der NATO beigetreten ist, und Russland nach dessen Flächenangriff auf die Ukraine…
Das Setting dieser Miniserie namens 8 MONTHS (DOKTRINEN) erinnert stark an die dänische Politserie BORGEN von 2010-2013 und 2022. In beiden ist die wichtigste Protagonistin eine Journalistin, die in das Feld der Politik wechselt. In beiden steht ein skandinavisches Land mit einer Staatschefin im Konflikt mit Russland, und beide liefern intime Einblicke in die Welt der Medien und den Politikbetrieb. Ohne sie konkret zu benennen, behandelt 8 MONTHS dabei auch Themen wie Wohnungsnot, den Gender-Paygap und interfamiläre Konflikte um Verschwörungserzählungen.
8 MONTHS hat ein ähnliches Thema wie die erfolgreiche Referenz, gleichzeitig hat sie eine andere Bildsprache. Und als Miniserie erzählt sie das große Thema des Konflikts mit Russland sehr rasant, Folge für Folge mit rascheren Szenenwechseln und dichteren Inhalten. Die Montage übernimmt eine tragende Rolle für die Entwicklung der Geschichte.
Damit erzeugt die Serie Drive und Spannung nicht so sehr auf der sozialen Ebene wie BORGEN, sondern im großen Tableau: Wer ist wer, und wem kann man trauen? Selbst die Hauptdarstellerin bleibt ein versiegeltes Buch. In der letzten Folge fragt Jacob Nina: „Welche Agenda hast du?“. „Ich habe keine“, sagt sie. Seine Antwort: „Jeder hat eine Agenda“. Welcher Agenda Nina folgt, diese Frage bleibt als Elefant im Raum stehen.
Spannung erzeugt auch der Handlungshintergrund existentieller Gefahr für alle Handelnden und für die Menschheit. Umso rasanter die Geschichte vorwärts drängt, umso blutiger wird sie, wichtige Protagonisten sterben. Am Ende stehen die Weltmächte sprichwörtlich kurz vor einem Atomkrieg. „Als wir an dem Stoff arbeiteten, merkte ich, dass ich etwas paranoid wurde“, sagte Johan Lundin, der die Serie erschaffen hat, bei der Deutschlandpremiere während der Nordischen Filmtage in Lübeck.
Dabei wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand, dass Russland seinen Angriff auf die Ukraine ausweiten würde. Die Serie bildete schon während ihrer Entwicklung die Jetztzeit ab. Sie ist so prophetisch wie ihre Romanvorlage „Ein Freund aus alten Tagen“, ein Spionagethriller von Magnus Montelius, an der sich 8 MONTHS sehr frei orientiert. Die Geschichte holte in den 90er Jahren den Kalten Krieg in die Jetztzeit. Das Unheimliche daran ist, wie brennend real das heute ist.
Doktrinen / 8 Months
Schweden/Finnland/Belgien 2024
Regie & Buch: Jens Jonsson, Johan Lundin u.a.
Kamera: Simon Pramsten
Musik: Lasse Enersen
Darsteller: Josefin Neldén, Anna Sise, August Wittgenstein u.a.
Laufzeit: 6 x 45 min.